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Das Sakrament der Heiligen Taufe (2).

Das Sakrament der Heiligen Taufe: Zum Dritten und Zum Vierten.

ZUM DRITTEN

Wie kann Wasser solch große Dinge tun?
Wasser tut’s freilich nicht,
sondern das Wort Gottes, so mit und bei dem Wasser ist,
und der Glaube, so solchem Worte Gottes im Wasser trauet.
Denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlicht Wasser und keine Taufe;
aber mit dem Worte Gottes ist es eine Taufe,
das ist ein gnadenreich Wasser des Lebens
und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist,
wie Sankt Paulus sagt zu Titus im dritten Kapitel:
Gott macht uns selig durch das Bad der Wiedergeburt
und Erneuerung des Heiligen Geistes,
welchen er ausgegossen hat über uns reichlich
durch Jesus Christus, unsern Heiland,
auf daß wir durch desselben Gnade gerecht
und Erben seien des ewigen Lebens nach der Hoffnung.
Das ist gewißlich wahr.


Die Frage „Wie kann Wasser solch große Dinge tun?“ ist eine sehr moderne Frage. Für die große Mehrzahl der heutigen Menschen ist nicht mehr nachvollziehbar, weshalb sakramentale Vollzüge solch eine große Bedeutung haben sollten. Gewiß mag man auf „Übergangsriten“ an bestimmten Wendepunkten des Lebens nicht ganz verzichten, erst recht, wenn sie einem die Gelegenheit zum Testen von Jacobs Krönung geben. Aber daß in der Taufe selber tatsächlich etwas geschieht, was für das weitere Geschick des Täuflings von entscheidender Bedeutung ist, wird oftmals kaum wahrgenommen: Die Taufe ist doch etwas „Äußerliches“, während das Entscheidende doch das „Innerliche“ ist.

Doch gegen diese Trennung von „Äußerlichem“ und „Innerlichem“ wehrt sich Martin Luther im Kleinen Katechismus: Das Wasser der Taufe ist nicht bloß ein Symbol, sondern es ist wirklich „ein gnadenreich Wasser des Lebens“. Doch dies ist es nicht, weil dem Wasser als solchem irgendwelche wundersamen Kräfte innewohnen würden, weil es in diesem Sinne ein „heiliges Wasser“ wäre. Sondern das Wasser der Taufe wird zu solch einem „gnadenreich Wasser des Lebens“ allein durch das Wort Gottes, mit dem es im Vollzug verbunden wird. Indem die Worte Christi selbst im Vollzug der Taufe gesprochen werden, wird aus dem Leitungswasser ein „Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist“, ist es eben unendlich mehr als bloß „normales Wasser“. Vielmehr wird durch dieses Wasser dem Täufling ein neues Leben geschenkt, empfängt er dadurch zugleich den Heiligen Geist, der sich an dieses Wasser der Taufe gebunden hat.

Die Gültigkeit und Wirksamkeit der Taufe ist dabei nicht abhängig vom Glauben dessen, der getauft wird. Denn „mein Glaube macht nicht die Taufe, sondern empfängt die Taufe.“ (Martin Luther) Wenn einem Menschen ein Briefumschlag mit 100.000 Euro geschenkt wird, kann er diesen Briefumschlag natürlich bei sich zu Hause in einen Schrank stecken und ihn dort ein Leben lang liegen lassen. Dann war dieser Mensch reich; aber dieser Reichtum hat ihm nichts genützt. Die 100.000 Euro aber wurden dadurch nicht weniger wert, daß dieser Mensch sie bei sich im Schrank liegen ließ. Doch natürlich zielte das Geschenk an den Menschen darauf, daß der von diesem Geld auch Gebrauch macht. Und so ist es auch mit der Taufe: Sie schenkt dem Täufling alles, was Gott in seinem Wort verspricht. Aber sie zielt darauf, daß der, der getauft ist, von diesem Geschenk auch Gebrauch macht. Und dies geschieht eben durch den Glauben, der „solchem Worte Gottes im Wasser trauet.“ Wenn wir uns über unsere Heilige Taufe freuen und daraus immer wieder Kraft schöpfen für unser Leben als Christ, dann gebrauchen wir die Taufe in der rechten Weise. Doch der Glaube braucht eben etwas, woran er hängt. Denn er ist keine Einbildung und keine Autosuggestion, sondern er stützt sich auf etwas, was außerhalb seiner selbst liegt. Und eben dies ist die objektive Gabe der Taufe, die dem Glauben immer schon vorausgeht. Insofern ist und bleibt der Glaube auf die sakramentalen Vollzüge angewiesen, die eben die Wirklichkeit schaffen, auf die der Glaube sich bezieht und an der er sich festhält: „So hängt nun der Glaube am Wasser und glaubt, daß die Taufe etwas sei, worin lauter Seligkeit und Leben ist; nicht um des Wassers willen, sondern deswegen, weil es mit Gottes Wort und Ordnung vereinigt ist und weil sein Name darinnen klebt.“ (Martin Luther im Großen Katechismus)


ZUM VIERTEN

Was bedeutet denn solch Wassertaufen?
Es bedeutet, daß der alte Adam in uns
durch tägliche Reue und Buße soll ersäuft werden und sterben
mit allen Sünden und bösen Lüsten;
und täglich wiederum herauskommen und auferstehen ein neuer Mensch,
der in Gerechtigkeit und Reinigkeit vor Gott ewiglich lebe.

Wo steht das geschrieben?
Sankt Paulus zu den Römern im sechsten Kapitel spricht:
Wir sind samt Christus durch die Taufe begraben in den Tod,
auf daß, gleichwie Christus ist von den Toten auferweckt
durch die Herrlichkeit des Vaters,
also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.


Zur Zeit Martin Luthers wurden die kleinen Kinder bei ihrer Taufe noch ganz im Taufstein untergetaucht. In der Kirche haben von Anfang an beide Praktiken nebeneinander bestanden: die Taufe durch Untertauchen und die Taufe durch Begießen. Keine von beiden ist „besser“ oder „gültiger“ als die andere. Beim Untertauchen wird jedoch noch einmal in besonderer Weise sinnenfällig, daß es in der Taufe um ein wirkliches Sterben geht: Wir sind in unserer Taufe nicht nur symbolisch, sondern wirklich gestorben. Besser gesagt, ist in unserer Taufe unser „alter Mensch“ gestorben, der von Gott getrennt war und mit ihm nichts zu tun haben wollte. Dieser alte Mensch sind wir seit unserer Taufe nicht mehr, sondern wir sind seit unserer Taufe ein neuer Mensch, der von Gott in der Taufe ganz neu geschaffen worden ist und der eigentlich mit dem alten Menschen gar nichts mehr zu tun hat. Das Problem ist jedoch, daß dieser alte Mensch, der in der Taufe ersäuft wurde, leider schwimmen kann und immer wieder hochkommt: „Laß es doch bleiben mit dem Glauben, mit dem Leben als Christ, mit der Teilnahme am Gottesdienst. Das ist doch nur lästig, dafür hast du keine Zeit, das machen die anderen doch auch nicht.“ Immer wieder startet dieser alte Mensch solche Angriffe in uns – und oft genug hat er damit Erfolg. Darum ist es so wichtig, daß wir als Christen immer wieder ganz bewußt aus der Kraft unserer Taufe leben. Was heißt das ganz praktisch?

Es beginnt damit, daß wir jeden Tag mit dem Gebet unseres Taufgelübdes anfangen: „Ich entsage dem Teufel und all seinem Werk und Wesen und ergebe mich dir, du Dreieiniger Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist, im Glauben und Gehorsam dir treu zu sein bis an mein Ende.“ Damit beziehen wir gleich zu Beginn des Tages Position in dem Kampf, in den wir gestellt sind. Aus der Kraft der Taufe zu leben, bedeutet weiterhin, daß wir uns immer wieder an unsere Heilige Taufe erinnern und die verschiedenen Möglichkeiten nutzen, die uns dazu gegeben sind. Dazu zählt beispielsweise die Feier des Tauftags, dazu zählt die Taufkerze und die Taufurkunde, die wir in unserer Wohnung in unser Blickfeld rücken, dazu zählt für manche das Taufkreuz, das sie ganz bewußt zur Erinnerung an ihre Taufe tragen, dazu zählt für viele auch die Bekreuzigung, mit der sie sich daran erinnern, daß sie in der Taufe Eigentum des dreieinigen Gottes geworden sind. In besonderer Weise zählt zur Tauferinnerung der regelmäßige Empfang der Heiligen Absolution, der Sündenvergebung, in der Beichte. In der Beichte „kriechen wir wieder in unsere Taufe hinein“, wie Martin Luther dies formulieren kann. Durch unsere Sünde können wir unsere Taufe nicht zerstören oder beschädigen; wohl aber können wir gleichsam aus dem Boot der Taufe herausfallen und haben es dringend nötig, wieder in dieses Boot hineinzukommen. Eben dies geschieht immer wieder von neuem, wenn uns in der Beichte die Sünden vergeben werden. In jeder Absolution stirbt der „alte Mensch“ in uns, der sich selbst behaupten und von Gott nichts wissen will. Und eben damit eröffnet uns die Vergebung immer wieder die Möglichkeit zu einem neuen Leben, wie es Gott gefällt.

Für dieses Leben als Christ brauchen wir immer wieder neu die Unterstützung durch andere Christen. Eine besondere Aufgabe nehmen in diesem Zusammenhang die Paten wahr. Paten sind gleichsam geistliche Väter und Mütter der Getauften. Sie haben den Auftrag, ihre Patenkinder zu einem Leben als Christ anzuleiten und zu ermutigen. Dies geschieht am besten dadurch, daß sie selber mit gutem Beispiel vorangehen. Dies gilt besonders für die Paten von getauften Kindern: Sie haben darauf zu achten, daß ihr Patenkind im christlichen Glauben erzogen wird und später auch den kirchlichen Unterricht besucht, sie erinnern ihr Patenkind an seine Taufe, indem sie ihm beispielsweise immer am Tauftag etwas schenken, und sie beten vor allem täglich für ihr Patenkind ihr ganzes Leben lang – auch wenn das Patenkind schon längst konfirmiert sein sollte. Von daher ist das Patenamt ein verantwortungsvolles kirchliches Amt und nicht etwa ein familiäres Ehrenamt. Das Patenamt kann nur von Christen ausgeübt werden, die sich selber zum christlichen Glauben bekennen, konfirmiert sind und einer christlichen Kirche angehören. Dies sollte bei der Auswahl von Paten bei einer Taufe stets bedacht werden. Letztlich ist es die Kirche, die auf Vorschlag der Eltern Paten beauftragt; sie kann auch Paten ablehnen, wenn sie den Eindruck hat, daß sie diese geistliche Aufgabe nicht wahrnehmen können oder wollen. In unserer lutherischen Kirche wird darum gebeten, daß mindestens ein Pate auch selber der lutherischen Kirche angehört. Ansonsten herrscht in bezug auf die Zahl der Paten, ihr Alter und ihre familiären Beziehungen große Freiheit. Mögen wir nie vergessen, was für eine Verantwortung wir mit der Übernahme eines Patenamtes übernommen haben, und diese Verantwortung gerne wahrnehmen.