Geistliches Wort für Juni / Juli 2023


Buettner gruen 500pxJesus Christus spricht: Ich aber sage euch:
Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen,
auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel.
Matthäus 5,44-45

Eine Krise ist zwar immer anders, aber doch gibt es immer wiederkehrende Muster und eine sich wiederholende Systematik. In der Krisen- und Risikokommunikation kennt man verschiedene Krisentypen: Zunächst gibt es die plötzlich auftretende Krise, wie eine Naturkatastrophe. Dann eine so genannte schleichende Krise: Sie ist unterschwellig vorhanden, die sich langsam weiter aufbaut, bis es zum ganz großen Knall kommt. Dass sich eine Krise immer weiter zuspitzt, liegt nicht selten daran, dass erste Krisenanzeichen nicht erkannt werden bzw. nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Als Drittes sei noch die Wellenkrise genannt, die mit verschiedenen inhaltlichen Variationen auftritt.

Jesus führt seine Jünger damals und uns heute in eine auf den ersten Blick sehr ungewöhnliche Krisenbewältigung. Denn der Herr macht im Evangelium nach St. Matthäus auf das zwischenmenschliche Zusammenleben aufmerksam und setzt ganz neue Maßstäbe in der alltäglichen Krisenbewältigung und Kommunikation. Berücksichtigen wir das Umfeld des Monatsspruches für Juli, wird deutlich, dass Jesus Christus in unserem Wort heiliger Schrift als neuer Gesetzgeber auftritt. Ihr habt gehört, dass … Ich aber sage euch, dass … Die alte Ordnung wird durch die neue, von Jesus Christus gesetzte und gestiftete Ordnung abgelöst. Er handelt als einer, der über dem Gesetz steht. Sein Wille und der Wille des Vaters stehen im Einklang. Jesus setzt kraft seiner Autorität als Sohn Gottes neue Maßstäbe. Es ist also für uns als Christen keine Frage, ob wir dem Folge leisten wollen, was der Herr sagt. Und das, was er sagt, hat bis heute Sprengkraft. Sprichwörtlich ist der Ausdruck: „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ in unserem Sprachgebrauch. Es ist ein altes Recht, das sich im Alten Testament findet. Eigentlich ein Fortschritt: Denn nicht mehr die hemmungslose Blutrache soll Recht sein, sondern Schaden und Strafe sollen einander entsprechen. Eine finanzielle Ersatzleistung soll auch möglich sein, sofern sich der Geschädigte mit einem finanziellen Ausgleich einverstanden erklärt. Jesus löst dieses Recht ab, indem er ein neues in Kraft setzt. Vielmehr soll jetzt gelten: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.

Feindschaft soll mit Liebe überwunden werden. Nicht der alten Gesetzmäßigkeit von Hass, Gewalt und Vergeltung gilt es Folge zu leisten, sondern der neuen! Die Überwindung der Feindschaft durch Liebe. Die Krise lässt sich nicht mit Hass oder Gewalt lösen. Das, was Jesus uns deutlich macht, ist, dass Hass nur zu neuem Hass führt, Erniedrigung nur zu neuer Erniedrigung, Gewalt nur zu neuer Gewalt. Für Christen sollen Hass, Alltagsgewalt, Beleidigungen und Erniedrigungen keine Möglichkeit der Konfliktlösung sein. Nicht der Hass gegen seinen Feind soll der Maßstab sein, sondern die Liebe zum Feind. Den zu achten, zu lieben, zu respektieren, den ich ohnehin mag, ist keine Herausforderung - ist nichts Besonderes. Dasselbe machen auch die Zöllner und Heiden, also diejenigen, die damals im Volk Israel nicht gerade wohlgelitten waren. Im Gegenteil: Zöllner und Heiden waren damals so ziemlich das Allerletzte. Niemand wollte in einem Atemzug mit denen genannt werden… So wie man heute nicht in einem Atemzug mit Rassisten genannt werden möchte. Denn die mögen auch nur ihresgleichen. Wer nur seinesgleichen liebt, handelt – so Jesus – noch längst nicht nach dem Gebot der Feindesliebe. Hass und Feindschaft werden nur dort überwunden, wo die Liebe der Maßstab ist. Denn sie allein kann Feindschaft überwinden.

Neben die Feindesliebe tritt die Fürbitte für die, die Christen verfolgen. Eine Bitte, die uns vor wenigen Jahren wohl noch als eher theoretisch vorgekommen sein mag. Es gab verfolgte Christen – irgendwo und weit weg. Nun jedoch sind sie unter uns. Wir feiern mit ihnen Gottesdienst, knien gemeinsam mit ihnen am Altar und lassen uns von Christus durch seinen Leib und Blut stärken. Manche ihrer Geschichten kennen wir; manches Leid ist uns zu Ohren und ins Herz gegangen. Dieser Monatsspruch trägt uns auf, für die zu bitten und zu beten, die unsere Glaubensgeschwister verfolgen. Wie mag das für die klingen, die eben das ertragen mussten? Christen sind keine Traumtänzer, die sich eine Welt aus Luftschlössern zusammenbasteln. Ein Christ sieht diese Welt und auch sein eigenes Leben durch Gottes Wort realistisch. Wie sehen dieses Leben und diese Welt tatsächlich aus? Klafft da nicht eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit? Die Wirklichkeit sieht zunächst und zuallererst so aus, dass wir getauft sind! Durch die heilige Taufe gehören wir in Gottes Welt. Zu dieser neuen Wirklichkeit gehört auch, dass der Heilige Geist wirkt, verändert und neu macht. Das, was der Dreieinige Gott in der heiligen Taufe angefangen hat, wird er auch vollenden. Das ist gewiss vorläufig. Denn die Vollendung wird es erst im Himmel geben. Dorthin sieht der Glaube. Dort ist die Hoffnung erfüllt. Hier in dieser Welt hat der Dreieinige Gott seinen Anfang gemacht, aber es gibt noch einen Vorbehalt. Denn zur Wirklichkeit gehört leider auch, dass wir an dem, was Gott von uns fordert, tagaus tagein scheitern. Wir übertreten Gottes Gebote, verfallen zurück in alte Verhaltensmuster der Vergeltung, des Hasses, der Lieblosigkeit und des Egoismus. Die Bibel sagt dazu Sünde. Wer aber seine Sünde bekennt und bereut, findet durch Jesus Christus einen gnädigen Gott. Wir leben in einer gefallenen Welt, wo Hass, Gewalt, Egoismus verbreitet sind, vielleicht auch manchmal die Herrschaft beanspruchen. Als Christen haben wir uns aber damit nicht achselzuckend abzufinden. Vielmehr gilt es, dem zu folgen, was der Herr anweist: Maßstab ist die Liebe!

Jeder Christ wird die Erfahrung machen müssen, dass er an dem, was der Herr aufträgt zu tun, scheitern wird. Aber eben dann gilt es, seine Sünde vom Vater vergeben zu lassen. Denn er schenkt einen neuen Anfang. Und dieser neue Anfang beinhaltet auch eben, nicht weiter zu machen wie bisher. Sondern: In der Kraft des Heiligen Geistes soll auch das neue von Christus geschenkte Leben durch mein Denken, Reden und Handeln gelebt werden. Kennzeichen und Maßstab eines Christen ist die Liebe. Der einzige, der tatsächlich vollkommen das hält, was er fordert, ist der Herr Jesus Christus selbst. Er hat uns geliebt, als wir noch seine Feinde waren, wird St. Paulus im Römerbrief schreiben: Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, um wieviel mehr werden wir selig werden durch sein Leben, nachdem wir nun versöhnt sind. (Römer 5,10) Gott selbst hat die Spirale der Vergeltung durch seine Liebe durchbrochen. Das Zeichen dafür ist das Kreuz Jesu Christi. Das Kreuz fährt zwischen die Speichen des Hasses und der Gewalt, fährt zwischen die Spirale der Vergeltung und der Ichsucht. Seine Liebe zu dir führt ihn ans Kreuz. Wer ihm glaubt, empfängt seine Liebe – umsonst, gratis! Er hat uns geliebt, als wir ihm noch die kalte Schulter zeigten. Weil er uns zuerst geliebt hat und wir uns von ihm geliebt wissen, gilt es, diese Liebe weiterzugeben an die, die sie brauchen: Eben die Nächsten. Auf die von Gott empfangene Liebe durch Wort und Tat antworten wir eben in gleicher Weise mit Liebe.

Herzliche Grüße – auch von Pfarrer Christoph Schulze
Ihr Pastor Markus Büttner