6. Das Gesangbuch (Teil 2)
Nachdem wir uns in der letzten Glaubensinformation mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Gesangbuchs befasst hatten, wollen wir uns diesmal dem Aufbau und praktischen Gebrauch unseres Evangelisch-Lutherischen Kirchengesangbuchs (ELKG) widmen:
Ganz grob lässt sich das ELKG in drei Teile teilen, die man mit den Begriffen „Gottesdienst“, „Lieder“ und „Beten und Bekennen“ überschreiben kann:
Im ersten Teil, der unter der Überschrift „Gottesdienst“ steht, finden wir zunächst die gottesdienstlichen Texte der feststehenden Stücke des Gottesdienstes (Ordinarium) und der von Sonntag zu Sonntag wechselnden Stücke des Gottesdienstes (Proprium). Der Abschnitt der feststehenden Stücke des Gottesdienstes ist relativ kurz; für noch ungeübte Gottesdienstteilnehmer empfiehlt sich die Eselsbrücke, dass wir mit der Seite 10 den Eingangsteil beginnen, mit Seite 20 die Sakramentsliturgie und schließlich auf Seite 30 den Lobgesang des Simeon nach der Sakramentsliturgie finden. Innerhalb des Ordinariums finden wir verschiedene Varianten etwa für den Gesang des Gloria, für das Glaubensbekenntnis oder für die Reihenfolge der Stücke in der Sakramentsliturgie. In diesem ersten Teil finden wir auf Seite 26auch die sogenannten Versikel, die kleinen Verse, die nach der Sakramentsausteilung im Wechsel zwischen Liturg und Gemeinde gesungen werden und auf unserer Liedertafel jeweils mit einem „V“ abgekürzt werden.
Die Stücke, die für den jeweiligen Sonntag besonders sind, also der Introitus, die Lesungen und der Hallelujavers, dazu Angaben über die jeweilige liturgische Farbe, finden wir nach dem Ordinarium. Sie sind jeweils mit einer Nummer gekennzeichnet, die mit 0 anfängt. Zu Beginn des Kirchenjahres stehen von daher im Gesangbuch unter der Nummer 01 Introitus und Lesungen des Ersten Sonntags im Advent. Auf den Seiten 9-25 finden wir also im Gesangbuch das jeweils gleichbleibende „Gerüst“ oder „Skelett“ des Gottesdienstes, unter der 0-Nummer ab der Seite 34 finden wir dann das „Fleisch“, mit dem das Skelett am jeweiligen Sonntag umgeben wird. Darum rate ich unseren Konfirmanden zur Einübung, in ihrem Gesangbuch jeweils auf der Seite 10 und bei der jeweiligen 0-Nummer des Sonntags, die oben auf der Liedertafel angegeben ist, ein Bändchen des Gesangbuchs einzulegen. Dann kann man zwischen Ordinarium und Proprium relativ schnell hin- und herwechseln. Sobald man mit dem Gottesdienst etwas vertrauter ist, wird man die Stücke des Ordinariums auswendig können und dann das Bändchen nur noch bei der 0-Nummer einlegen müssen.
Ebenfalls im ersten Teil des Gesangbuchs unter der Überschrift „Der Gottesdienst“ finden wir auch die Ordnungen anderer Gottesdienstformen, etwa die Ordnung der Gemeinsamen Beichte und der Einzelbeichte, des Bußgottesdienstes am Karfreitag und am Buß- und Bettag, der Feier der Heiligen Osternacht und der Tagzeitengebete, der Mette, der Vesper und der Complet. In neueren Ausgaben des ELKG finden wir am Ende dieses ersten Hauptteils auch noch die Ordnung des Reisesegens, den Gruppen vor gemeinsamen Fahrten miteinander beten können. Direkt vor dem Beginn des Liederteils finden wir im Gesangbuch dann auch noch die Ordnung der Nottaufe. Für den kundigen Gesangbuchbenutzer ist sie dort leicht zu finden; wer sich jedoch im Gesangbuch nicht so gut auskennt, wird länger suchen müssen, was gerade bei der Ordnung der Nottaufe nicht sinnvoll ist. Es ist zu hoffen, dass man in unserem neuen Gesangbuch dem Vorbild des neuen Gesangbuchs unserer amerikanischen Schwesterkirche, des Lutheran Service Books, folgen wird, wo die Ordnung der Nottaufe auf der allerletzten Seite des Gesangbuchs insgesamt abgedruckt ist und sich dort ganz einfach finden lässt.
Der zweite Hauptteil des Gesangbuchs, der die Lieder enthält, lässt sich wiederum in vier Teile unterteilen:
Der erste dieser vier Teile enthält Lieder zum Kirchenjahr, beginnend mit den Adventsliedern bis zu den Liedern für die letzten Sonntage des Kirchenjahrs. Darin kommt erneut zum Ausdruck, dass das Gesangbuch vor allem ein Gottesdienstbuch ist und im Gottesdienst eingesetzt wird. Der zweite Teil enthält Lieder, die sich auf das gottesdienstliche Geschehen selber beziehen, also Lieder zum Beginn und zum Schluss des Gottesdienstes, liturgische Gesänge, Lieder zum Wort Gottes, zu Taufe, Abendmahl, Konfirmation, Beichte, Trauung und Bestattung. Der dritte Teil wird eingeleitet durch Psalmlieder, also Nachdichtungen der Psalmen in Liedform. Darauf werden die weiteren Lieder dann nach großen Themenkomplexen angeordnet, die das ganze Spektrum des christlichen Glaubens und der christlichen Frömmigkeit umfassen: Lieder zu den Bereichen „Kirche“, „Lob und Dank“, „Christlicher Glaube und christliches Leben“, „Gottvertrauen, Kreuz und Trost“ und schließlich „Tod und Ewigkeit“. Die Lieder dieses dritten Teils, vor allem die des Bereiches „Gottvertrauen, Kreuz und Trost“, sind neben dem gottesdienstlichen Bereich auch für den Bereich der persönlichen Frömmigkeit und der Hausandacht bestimmt, wobei dort in der Hausandacht natürlich auch die Lieder des Kirchenjahres ihren festen Platz haben sollten. Dass das Gesangbuch gerade auch für den täglichen Gebrauch zu Hause bestimmt ist, zeigen schließlich auch die Lieder des vierten Teils, „Lieder für besondere Zeiten und Anlässe“, wie sie überschrieben sind: Es handelt sich um Morgen-, Mittags- und Abendlieder, um gesungene Tischgebete, um Gebete für eine gesegnete Ernte, um Lieder zum Erntedankfest und um Lieder, die den Bereich „Arbeit und Beruf“ betreffen. Abschließend finden sich Lieder „für Volk und Vaterland“, zum Beispiel Danklieder für das Ende eines Krieges. Wir dürfen dankbar sein, wenn es uns erspart bleibt, Gott für das Ende eines Krieges danken zu dürfen; doch zeigen auch diese uns weithin unbekannten Lieder, was für ein breites Spektrum die Lieder des Gesangbuchs abdecken. Da unser ELKG ja auf dem früheren Evangelischen Kirchengesangbuch basiert und dessen „Lieder-Stammteil“, also die Lieder 1-394, einfach übernommen hat, finden wir in einem Anhang unter den Liednummern 401-561 noch einmal Lieder nach demselben Ordnungsprinzip dieser vier Teile angeordnet, beginnend mit Liedern zum Kirchenjahr über Lieder zum Gottesdienst bis hin zu Bitt- und Lobgesängen für jede Zeit und Liedern für besondere Anlässe. Mit der Nummer 600 beginnen dann Psalmgesänge, die vor allem für die Tagzeitengebete gedacht sind. Es handelt sich lediglich um einige ausgewählte Psalmen, die jeweils unter einem bestimmten Psalmton notiert sind und mit einem Eingangsvers, einer sogenannten Antiphon, versehen sind. Immerhin ist damit jedoch, wenn auch nur ausschnittsweise, das Gesangbuch der Bibel, der Psalter, auch in unserem Gesangbuch vertreten.
Wenig bekannt ist der dritte Hauptteil unseres Gesangbuches, der Gebete und Bekenntnisse der Kirche enthält und damit Anleitungen für das tägliche geistliche Leben des Christen zu Hause gibt. So finden wir ab der Seite 1169 in unserem Gesangbuch Gebete, die vor Beginn des Gottesdienstes gesprochen werden können, einen ausführlichen Beichtspiegel, der sich gut zur häuslichen Vorbereitung auf den Gottesdienst eignet, Gebete vor dem Empfang des Sakraments, eine schöne Anleitung zu einer stillen Andacht in der Kirche (die man etwa einmal gebrauchen kann, wenn man das Angebot der offenen Kirche zum stillen Gebet nutzt), und ausführliche Anleitungen und Hilfen für die Hausandacht, darunter auch Morgen- und Abendgebete für jeden Tag der Woche, die dazu helfen, im persönlichen Gebet nicht immer nur um dieselben Themen zu kreisen. Ganz besonders hinweisen möchte ich auf die Seiten 1194 und 1195, die eine ganze Reihe von Tischgebeten vor und nach dem Essen enthalten. Eine große Hilfe zum persönlichen Beten können aber auch die Gebete unter der Überschrift „Gebete in Freud und Leid“ sein, die ein ganzes Spektrum von menschlichen Erfahrungen abdecken, von Gebeten einer werdenden Mutter über Gebete für ein Patenkind bis hin zu Gebeten am Geburtstag und am Tauftag. Besonders hilfreich sind die Anregungen zu Gebeten in Krankheit ab der Seite 1216 bis hin zu den Gebeten im Angesicht des Todes ab der Seite 1222, mit denen Familienangehörige einen sterbenden Menschen in seinen letzten Stunden begleiten können.
Diese Hinweise zeigen schon, wie sinnvoll es ist, das eigene Gesangbuch immer griffbereit zu haben – gerade auch, wenn man verreist und erst recht, wenn man einmal ins Krankenhaus gehen muss. Im Gesangbuch hat man eigentlich alles, was man als Christ für den Ernstfall braucht: die zentralen Lesungen aus der Heiligen Schrift, die tröstlichen Lieder, die Psalmen und die Gebete für schwere Zeiten. Damit hat man einen Schatz, den man selbst bei einem längeren Krankenhausaufenthalt kaum wird ausschöpfen können. Das Gesangbuch ist jedoch nicht nur für besondere Anlässe gedacht, sondern bietet, wie erwähnt, gerade auch Anleitungen für das tägliche Gebet und hilft so dazu, jeden Tag der Woche mit Gottes Wort und Gebet zu heiligen.
Hingewiesen sei schließlich auch noch auf die Bekenntnisse, die sich am Schluss unseres ELKG finden. An den Bekenntnissen, die in einem Gesangbuch abgedruckt sind, kann man zumeist leicht erkennen, um was für eine Kirche es sich handelt, in der dieses Gesangbuch in Gebrauch ist. In unserem Gesangbuch finden sich an dieser Stelle die drei altkirchlichen Glaubensbekenntnisse, die zeigen, dass wir als lutherische Kirche in der Einheit mit der Kirche der ersten Jahrhunderte stehen, das Augsburger Bekenntnis und der Kleine Katechismus Martin Luthers. Damit hilft das Gesangbuch auch dazu, den Katechismus ganz einfach immer wieder einmal wiederholen zu können. Es ist eben gleichermaßen ein Gottesdienstbuch und ein Haus- und Lebensbuch für den Alltag des Christen. Entsprechend sollte das Gesangbuch in keinem Haushalt in unserer Gemeinde fehlen.