Geistliches Wort im Monat Oktober

Pfarrer Dr. MartensDas geistliche Wort für den Monat Oktober von Pfarrer Dr. Gottfried Martens: Du machst fröhlich, was da lebet im Osten wie im Westen. (Psalm 65,9 - Monatsspruch für Oktober).

"Nun danket alle Gott!" - Es ist noch keine 20 Jahre her, dass dieses Lied in unserem Land mit besonderer Inbrunst gesungen wurde in den Tagen nach dem Fall der Berliner Mauer. Ost und West feierten fröhlich miteinander hier in unserer Stadt, und so mancher erahnte es in diesen Tagen: Dieses Wunder haben wir keinem Geringeren als Gott selber zu verdanken.

 

Am 3. Oktober feiern wir nun zum 18. Mal die Wiederkehr des Tags der deutschen Einheit. Gewiss, dieser 3. Oktober ist ein Feiertag in unserem Land geblieben und wird als solcher von der arbeitenden Bevölkerung geschätzt; auch wird es sowohl in Berlin als auch in Hamburg wieder ein buntes Festprogramm an diesem Tag geben. Doch Dankgottesdienste finden an diesem Tag wohl nur noch an wenigen Orten in Deutschland statt. Längst ist der Jubel und die Freude über die Wiedervereinigung unseres Landes einer großen Ernüchterung gewichen: Je weiter der Fall der Mauer zurückliegt, desto mehr werden, so hat man den Eindruck, die Verhältnisse in der früheren DDR schöngeredet, doch auch so mancher frühere Westberliner sehnt sich heute noch nach den Zeiten zurück, als ihn die Mauer noch vor seinen Mitbürgern aus dem Osten schützte.

Freude im Osten und im Westen - die Worte des Monatsspruchs scheinen nicht gerade die Situation in unserem Land im Jahr 2008 zu beschreiben. Ob dies wohl auch damit zusammenhängt, dass uns der in unserem Land immer mehr aus dem Blick gerät, der uns Grund zu solcher Freude nicht nur damals im November 1989 geschenkt hat, sondern uns immer wieder schenkt? Wo Gott nicht mehr gedankt wird, da treten Neid, Verdruss und Klage an die Stelle der Freude, die uns Gott doch eigentlich schenken will. Nehmen wir es wenigstens als Glieder der christlichen Gemeinde noch wahr, wie viel Grund zum Dank wir haben, dass wir nicht unter den Bedingungen einer Diktatur leben müssen und unseren Glauben im Gegenteil zumindest zurzeit noch frei und ungehindert praktizieren dürfen? Denken wir auch daran, dass dieser 3. Oktober 1990 auch ein Wendepunkt in der Geschichte unserer Gemeinde gewesen ist, dass ein groß Teil der Glieder unserer Gemeinde niemals hier in Berlin zu unserer Gemeinde hätte kommen können, wenn es diesen 3. Oktober 1990 nicht gegeben hätte?

Eines ist sicher richtig: Die Freude, die uns Gott schenken will, bezieht sich nicht allein auf das, was wir für unser tägliches Leben brauchen. Auch da haben wir gewiss viel Grund zum Danken. Aber Gott verspricht uns nicht, dass wir in unserem Leben keine Sorgen und Probleme haben werden, dass das Leben eines Christen letztlich nur ein einziger Glücksrausch ist. Nein, die Freude, die Gott uns schenkt, reicht tiefer, die begleitet uns auch da, wo es uns in unserem Leben vielleicht auch ganz dreckig gehen mag. Denn es ist die Freude darüber, dass wir als getaufte Christen noch von einer viel schlimmeren Diktatur befreit worden sind: Von der Zwangsherrschaft des Todes und des Teufels. Und in dieser Freude sind wir eins mit Christen überall auf der Welt - weit über Deutschland hinaus. „Nun danket alle Gott!“ Ob wir auch daran wieder neu denken - nicht nur am 3. Oktober?