24.08.2014 | St. Lukas 22,24-30 | Tag des Apostels St. Bartholomäus
Pfr. Dr. Gottfried Martens
In Persien als Christ aufzutreten, kann lebensgefährlich sein. Das hat schon vor mehr als 1900 Jahren der heilige Apostel Bartholomäus erfahren. Gereist war er in das Land, aus dem die Sterndeuter stammten, die als erste den Weg zum Christuskind in der Krippe fanden, in das Land, aus dem auch die ersten stammten, die sich am Pfingstfest in Jerusalem taufen ließen: Parther und Meder und Elamiter. Doch nicht alle reagierten auf die Christusverkündigung so erfreut, so positiv wie die ersten Täuflinge am Geburtstag der Kirche. Mit dem heiligen Bartholomäus machte man schließlich, so weiß es die Überlieferung zu berichten, kurzen Prozess: Er wurde auf besonders unerfreuliche Weise getötet – dadurch, dass man ihm bei lebendigem Leibe die Haut abzog. Und so ist der heilige Bartholomäus bis heute auf den Darstellungen der Apostel leicht dadurch zu erkennen, dass er über seinem Arm seine Haut trägt wie ein Gewand.
In Persien als Christ aufzutreten, kann lebensgefährlich sein. Davon können viele unter uns heute Morgen eine Menge aus eigener Erfahrung erzählen. Gewiss, gehäutet werden Menschen im Iran heutzutage nicht mehr; aber die Art und Weise, wie auch heute in diesem Land die Todesstrafe vollstreckt wird, ist auch nicht unbedingt erfreulicher und angenehmer. Und diese Todesstrafe ist eben auch für Menschen vorgesehen, die sich vom Islam abwenden und sich taufen lassen.
Im Iran oder in Afghanistan als Christ aufzutreten, kann lebensgefährlich sein. Das wussten und wissen auch die 17 Täuflinge, die heute in diesem Gottesdienst die Heilige Taufe empfangen haben. Sie wissen, dass sie mit ihrer Taufe heute ihr Leben riskieren, dass sie damit einen Bruch vollzogen haben, den man nicht mehr einfach rückgängig machen kann.
Warum macht man so etwas scheinbar völlig Verrücktes, warum bringt man sein Leben scheinbar so leichtfertig in Gefahr? Dazu muss einem erst einmal aufgegangen sein, was auch dem heiligen Bartholomäus damals erst einmal aufgehen musste, was ihm nicht von vornherein klar war:
Da hatte Jesus mit seinen Jüngern gerade das Heilige Abendmahl gefeiert. Doch von der feierlichen Stimmung ist bald darauf nicht mehr viel übrig: Die Jünger fangen allen Ernstes noch am Abendmahlstisch an, sich darüber zu streiten, wer denn von ihnen nun der Größte ist, streiten sich, weil sie immer noch glauben, es ginge in der Gemeinschaft mit Jesus darum, für sich selber Vorteile zu gewinnen, weil sie immer noch glauben, man könne das Leben mit Jesus danach beurteilen, was es einem denn so bringt. Und da muss Jesus seinen Jüngern, auch dem Bartholomäus, zwischen Abendmahl und Verhaftung doch erst noch einmal etwas ganz deutlich machen:
Der, der im Leben eines Christen was bringt, ist einzig und allein Christus selber: Der dient seinen Jüngern, der dient uns bis in den Tod. Das ist es also, was man vom Leben als Christ, vom Leben in der Gemeinschaft mit Christus erwarten kann: Dass Christus einem dient, dass Christus uns beschenkt mit seinen Gaben, mit seiner Liebe, mit seinem Leben. Darum sind wir Christen, darum lohnt es sich, bei Christus zu bleiben, weil wir von ihm bekommen, was wir sonst von niemand auf der Welt bekommen könnten.
Sein Leben schenkt uns Christus, gibt uns an seinem Leben Anteil. Aber das heißt eben auch: Er führt uns immer wieder auf dem Weg, den er selber gegangen ist. Jesus verspricht dir, dass er dir dient bis in den Tod, dass er dir seine Vergebung, seine Liebe, sein Leben schenkt. Aber er verspricht dir nicht, dass du durch ihn schneller einen Aufenthalt in Deutschland bekommst, dass du durch ihn schneller eine Wohnung findest, dass du durch ihn schneller Karriere machst und besser Geld verdienst. Er verspricht dir nicht, dass dein Weg in deinem Leben dich immer nur nach oben führt. Der Weg, den Jesus selber gegangen ist, hat in eine andere Richtung geführt, ganz nach unten – aber dann eben auch wieder von ganz unten nach ganz oben, aus dem Tod ins neue Leben.
Und genau das hatte offenbar auch der Bartholomäus kapiert, als er sich auf den Weg nach Persien begab: Er fuhr nicht als Tourist nach Persien, auch nicht deshalb, um sich dort selbst zu verwirklichen. Sondern er fuhr dorthin, um den Menschen zu dienen, wie Christus ihm gedient hatte, um den Menschen die gute Botschaft von dem Dienst Jesu an uns zu verkündigen. Und dafür riskierte er auch sein Leben, weil er wusste: Christus hat mir doch schon ein Leben geschenkt, das mir niemand mehr rauben kann. Ich habe schon viel mehr gewonnen, als ich jemals verlieren könnte.
Genau das haben hoffentlich auch unsere Täuflinge alle miteinander verstanden, als sie sich eben vom Islam losgesagt und zu Christus, ihrem Herrn, bekannt haben: Ja, das habt ihr hoffentlich alle miteinander verstanden, wie reich ihr durch die Taufe von Christus beschenkt worden seid. Ihr seid keine Apostel, und darum werden wir hier in unserer Gemeinde tun, was uns möglich ist, um euch davor zu bewahren, dass euch ein ähnliches Schicksal zuteilwird wie damals dem heiligen Bartholomäus. Aber ich hoffe, dass sich das auswirkt in unserem Umgang miteinander hier in der Gemeinde, dass ihr wisst: Wir müssen nicht darum kämpfen, die ersten und größten zu sein, auch und gerade nicht in der Gemeinde. Wir müssen nicht darum kämpfen, dass wir besser behandelt werden als andere, dass es uns etwas bringt, dass wir hier in der Gemeinde sind. Dienen sollen und dürfen wir, für die Schwestern und Brüder in der Gemeinde da sein, die unseren Dienst und unsere Hingabe brauchen. Nein, wir kommen dabei nicht zu kurz: Christus wird uns immer wieder viel mehr schenken, als worauf wir möglicherweise verzichten müssen. Er hebt uns doch dadurch ganz hoch, dass er uns dient. Da müssen wir nicht noch etwas draufsetzen.
Nein, du brauchst keine Angst davor zu haben, dass du dein Leben verpasst, auch dann nicht, wenn dich das Bundesamt so lange in deinem Heim sitzen lässt. Du hast durch Christus ein reiches Leben, so reich, dass du anderen daran immer auch Anteil geben kannst. Bleibe nur dran an Christus, gehe den Weg in deinem Leben immer nur gemeinsam mit ihm! Dies ist wichtiger als alles andere in der Welt. Du wirst es einmal endgültig verstehen – wenn du mit Christus einmal das Fest feiern wirst, das nie mehr enden wird, wenn du ihn einmal selber sehen wirst, der dir auch heute wieder verborgen in den Gestalten von Brot und Wein begegnet. Gemeinsam mit Bartholomäus wirst du dann einmal feiern. Geb’s Gott, dass dann einmal keiner von uns fehlen wird bei diesem Fest! Geb’s Gott, dass wir alle miteinander wie Bartholomäus damals bei Christus ausharren, bei ihm bleiben! Christus will doch, dass wir gemeinsam mit ihm am Ende ganz groß rauskommen! Amen.