11.04.2010 | Johannes 21, 1-14 (Quasimodogeniti - Erstkommunion)
QUASIMODOGENITI (ERSTKOMMUNION) – 11. APRIL 2010 – PREDIGT ÜBER ST. JOHANNES 21,1-14
Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich will fischen gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. Als sie nun ans Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt's ihnen, desgleichen auch die Fische. Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war.
Habt ihr auch schon eine Seite im Internet bei Facebook? Wer bei Facebook mitmacht, kann mit vielen anderen Benutzern, sogenannten oder auch wirklichen Freunden, Kontakt aufnehmen, ihnen vom eigenen Ergehen berichten, andere daran teilhaben lassen, wer für einen gerade der Lover des Tages ist und vieles mehr. Und man kann beispielsweise auch über Facebook seine Freunde darauf hinweisen, dass man im Internet ein Foto von ihnen gefunden hat, kann dieses Foto markieren und verschicken: „Schau mal, da bist du doch; ich habe dich entdeckt!“
So etwas Ähnliches, liebe Konfirmanden, will ich heute Morgen auch mit euch machen. Da habe ich euch eben eine Geschichte vorgelesen, die ihr mit mehr oder weniger großem Interesse zur Kenntnis genommen habt. Aber wahrscheinlich haben die meisten von euch beim Hören dieser Geschichte noch gar nicht richtig mitbekommen, dass auf dem Bild, das uns der Evangelist Johannes da eben gezeichnet hat, nicht nur die sieben Jünger und Jesus zu sehen sind, wie man zunächst einmal meinen mag, sondern dass ihr 27 Konfirmanden da auch alle mit drauf seid, dass ihr auch in dieser Geschichte vorkommt, die ich euch da eben erzählt habe. Schauen wir uns die Geschichte also noch einmal genauer an:
Die Geschichte, die uns St. Johannes hier erzählt, ereignet sich nach Ostern – genau wie unser Gottesdienst hier und heute nach Ostern stattfindet. Unglaubliches hatten die Jünger vor gar nicht langer Zeit in Jerusalem erlebt: Sie hatten miterlebt, wie ihr Herr und Meister Jesus zum Tode verurteilt und am Kreuz gestorben war. Doch dann kommt er mit einem Mal in ihre Mitte, lässt sich schließlich sogar anpacken, berühren, so, dass die Jünger sich selber davon überzeugen konnten: Jesus ist wirklich auferstanden, nein, der ist kein Geist, kein Gespenst; er ist es selber – und doch ist er zugleich ganz anders, taucht einfach mitten unter seinen Jüngern auf, auch wenn die die Türen draußen ganz fest abgeschlossen hatten. Der auferstandene Jesus – er ist nicht mehr an Raum und Zeit gebunden; er kann da sein, wo und wann er will.
Liebe Konfirmanden, auch ihr habt die Geschichte von der Auferstehung Jesu nun schon immer wieder gehört, sodass ihr euch vielleicht auch schon ein bisschen an sie gewöhnt habt: Jesus ist auferstanden – ist doch klar! Nein, nichts ist klar! Das ist nicht logisch, das ist nicht selbstverständlich – das ist eine Botschaft, die uns eigentlich immer wieder neu aus den Schuhen hauen müsste: Da gibt es einen, für den ist das Grab nicht die Endstation gewesen; der hat gezeigt, dass er stärker ist als der Tod. Ja, die Jünger kannten ihn damals; kein Wunder, dass die von den Socken waren, als sie miterlebten, dass Jesus auferstanden ist, dass er lebt. Aber nachdem sich Jesus ihnen nun gezeigt hatte, konnten sie ja nicht einfach da in ihrem abgeschlossenen Raum in Jerusalem sitzen; irgendwie mussten sie ja jetzt weiterleben. Und da eine ganze Reihe von ihnen vorher als Fischer am See Genezareth gearbeitet hatte, gehen sie jetzt wieder dorthin zurück, gehen nun wieder ihrem alten Beruf nach. Alles scheint genauso zu sein wie früher – und doch ist natürlich nichts mehr wie früher, jetzt, wo sie das mit der Auferstehung von Jesus miterlebt haben.
Doch das ändert nun nichts daran, dass sie in ihrem Alltag wieder genau denselben Frust erfahren, den sie früher auch schon erfahren hatten: Da fahren sie nachts hinaus auf den See Genezareth, wie sie es gewohnt waren, um dort die Fische mit Fackeln anzulocken und sie dann in ihre Netze zu treiben. Doch an dem Morgen, von dem Johannes uns hier berichtet, haben sie mal wieder Pech gehabt: Die Netze bleiben leer. Ihr erhofftes Essen muss ausfallen.
Doch als sie dann mit ihren leeren Booten an Land kommen, steht da mit einem Mal Jesus. Doch die Jünger, sie haben alle miteinander Tomaten auf den Augen. Obwohl sie ihn doch eigentlich erkennen müssen, leben sie schon wieder so, als ob es ihn in Wirklichkeit gar nicht mehr gäbe, als ob er immer noch tot sei. Jesus spricht sie an, fragt sie, ob sie denn nichts zu essen haben – und immer noch kapieren die Jünger gar nichts, auch nicht, als er ihnen den Auftrag erteilt, noch mal mit ihren Booten hinauszufahren, jetzt am Morgen, und es noch mal zu versuchen. Doch auch wenn sie Jesus gar nicht erkennen, folgen sie dennoch merkwürdigerweise seiner Anweisung – und siehe da: Sie fangen eine Riesenmenge Fische.
Und da rutschen den Jüngern jetzt allmählich die Tomaten von den Augen. Der erste spricht es offen aus, sagt zu Petrus, was der eigentlich auch schon längst hätte ahnen können: „Es ist der Herr!“ Doch der Petrus bekommt, als er das hört, erst mal einen Riesenschreck: Er hatte nämlich keine Unterhose angezogen und hatte bei der Arbeit nun auch sein Obergewand ausgezogen, sodass er da splitterfasernackt im Boot saß. Dass die anderen Jünger ihn so sahen, macht ihm nichts aus. Aber wenn nun Christus, der Herr, da am Ufer steht, dann will er ihm doch nicht so begegnen, zieht sich schnell an und schwimmt dann schon mal in voller Bekleidung seinem Herrn entgegen.
Und dann kommen er und die anderen Jünger an Land und sehen, dass Jesus dort schon alles fürs Frühstück zubereitet hat: Ein Kohlenfeuer brennt, Fisch wird darauf gebraten, und Brot hat er auch mitgebracht. „Kommt, bringt von euren Fischen auch noch welche dazu“, sagt Jesus, und dann lädt er die Jünger alle ein: „Kommt und haltet das Mahl!“ Die Jünger kommen, Jesus nimmt das Brot und gibt es ihnen, und desgleichen auch die Fische. Sie nehmen und essen – und schweigen; keiner wagt, Jesus zu fragen, wer er ist. Denn sie wissen: Es ist der Herr. Er ist es, der sie zu diesem besonderen Essen eingeladen hat. Und so erleben sie es beim Essen wieder neu: Christus, unser Herr, ist wirklich auferstanden.
Und jetzt gucken wir uns die Geschichte noch einmal genauer an, damit ihr, liebe Konfirmanden, euch auch in dieser Geschichte, in diesem Bild, das Johannes da eben für uns gemalt hat, wiedererkennen könnt:
Ja, ihr wisst natürlich auch, dass Jesus auferstanden ist, auch wenn ihr ihn selber nicht mit eigenen Augen gesehen habt. Aber es ist ein großer Unterschied, ob man nur weiß, dass es jemanden gibt, oder ob man erleben darf, dass dieser Jemand auch wirklich da ist und einem begegnet. Es ist ein großer Unterschied, ob ihr einfach nur an euren besten Freund oder eure beste Freundin denkt oder ob ihr mit eurem Freund oder eurer Freundin auch wirklich zusammen sein könnt. Und genau darum geht es eben auch hier in der Kirche, darum geht es ganz besonders heute am Tag eurer Erstkommunion:
Euch geht es genauso wie den Jüngern damals: Ihr wisst, dass Jesus auferstanden ist, aber ihr müsst natürlich dennoch ganz normal in eurem Alltag leben. Und da in eurem Alltag, da gibt es auch für euch immer wieder allen möglichen Frust: Da gibt es Probleme in der Schule, da gibt es vielleicht auch mal Ärger mit euren Eltern, da gibt es vielleicht auch schon Liebeskummer oder einfach nur ganz normalen Stress. Doch dann, mitten in eurem Alltag, gibt es auch hier für euch das Ufer des Sees Genezareth, des Sees Tiberias, wie Johannes ihn hier nennt, und dieses Ufer verläuft genau hier vorne an den Stufen des Altars entlang: Da steht mit einem Mal Jesus da und wartet auf euch. Doch dass es Jesus ist, das ist euch, liebe Konfirmanden, bis vor einiger Zeit auch noch gar nicht klar gewesen. Da hattet ihr es hier im Gottesdienst vielleicht schon mal miterlebt, dass wir hier das Heilige Abendmahl gefeiert hatten – aber auf die Idee, dass da der auferstandene Christus vor euch stehen könnte, dass wir keinem Geringeren als ihm hier begegnen könnten, seid ihr vermutlich erst mal gar nicht gekommen. Da hattet auch ihr wie die Jünger damals erst mal Tomaten auf den Augen, habt vermutlich nur gedacht, dass die Leute, die hier nach vorne kommen, so ein kleines Stück Brot essen und aus einem goldenen Kelch Wein trinken. Aber nun habt ihr in diesen vergangenen Wochen und Monaten erfahren, worum es hier im Heiligen Abendmahl wirklich geht, und das lässt sich eigentlich ganz kurz und einfach mit den Worten dieses einen Jüngers an Petrus zusammenfassen: „Es ist der Herr!“ Wer hier zum Heiligen Mahl kommt, der bekommt eben nicht bloß Brot und Wein zu essen und zu trinken, sondern der begegnet dem auferstandenen Christus, dem Herrn, leibhaftig. Nein, etwas Größeres kann es in unserem Leben nicht geben, als Christus selber zu begegnen, und ich hoffe, dass bei euch allen mittlerweile die Tomaten von den Augen gefallen sind, dass euch das aufgegangen ist, was, nein: wer euch heute hier erwartet: Der Herr, der Herr der ganzen Welt, der Sieger über Tod und Teufel. Nein, wir denken hier im Heiligen Abendmahl nicht einfach bloß an Jesus, denken nicht bloß daran, dass er auferstanden ist. Das Heilige Abendmahl ist viel, viel mehr als bloß so ein Erinnerungsessen. Sondern es ist der Herr, es ist der wahre Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus, unter dem Brot und Wein uns Christen zu essen und zu trinken von Christus selbst eingesetzt, so werdet ihr es gleich miteinander bekennen und damit zum Ausdruck bringen: Jawohl, wir haben keine Tomaten mehr auf den Augen; wir wissen, wer da vor uns steht, wer uns jetzt gleich in dem Brot und dem Wein begegnet.
Und das hat natürlich Folgen: Dem Petrus war klar: Wenn ich Jesus begegnen will, dann muss ich ordentlich angezogen sein. Ihr habt euch heute zum Tag eurer Erstkommunion nicht bloß ordentlich, sondern richtig feierlich angezogen: die Mädchen ganz in weiß – und die Jungen auch so schick, wie ich sie bisher noch nie gesehen habe. Ja, natürlich ist das nur eine Äußerlichkeit; aber es ist doch mehr als eine Äußerlichkeit. Ihr zeigt damit, wie der Petrus damals, dass ihr kapiert habt: Wir begegnen hier keinem Geringeren als Christus, dem Herrn. Ja, natürlich werdet ihr nun in Zukunft nicht immer so angezogen wie heute zum Heiligen Abendmahl kommen. Das ist auch gar nicht nötig. Aber dass ihr euch Zeit nehmt, um euch darüber klar zu werden, wem ihr hier eigentlich begegnet, das ist auch in Zukunft gut und wichtig; dass ihr euch vorbereitet auf diese wunderbarste Begegnung, die ihr in eurem Leben erfahren könnt. Und da ist das dann auch gar nicht schlecht, wenn ihr das auch künftig mit eurer Bekleidung hier im Gottesdienst zum Ausdruck bringt.
Gäste seid ihr bei diesem Heiligen Mahl, Gäste sind wir alle miteinander. Der Gastgeber dieses Essens und Trinkens ist Christus allein. Und er lädt euch, liebe Konfirmanden, heute nun zum ersten Mal, lädt uns alle miteinander ein: „Kommt und haltet das Mahl!“ Und da kommt ihr nun, liebe Konfirmanden, hier an den Altar, gleichsam an das Ufer des Sees Genezareth. Und da kommt er, Jesus, nimmt das Brot, segnet es, reicht es euch, und dann nimmt er den Kelch, segnet ihn, reicht ihn euch – und ihr, ihr sagt keinen Ton, wie die Jünger damals beim Mahl, redet nicht, sondern schweigt anbetend, weil ihr wisst, wer es ist, der da zu euch kommt, der euch die Gaben des Mahls reicht und zugleich in diesen Gaben selber gegenwärtig ist: „Es ist der Herr!“
Ja, das wünsche ich euch, liebe Konfirmanden, dass euch dieses ehrfürchtige Staunen niemals vergehen möge, wenn ihr hierher zum Heiligen Mahl kommt, dass ihr niemals einfach gedankenlos hier zum Altar latscht, mit Tomaten auf den Augen, ohne zu merken, wer euch hier eigentlich erwartet. Das wünsche ich euch, dass ihr das immer klar erkennt, was hier eigentlich geschieht: Der auferstandene Herr lädt euch ein, ja, mehr noch: Er macht sich hier im Heiligen Mahl so klein für euch, dass er in euch lebt, wenn ihr die Gaben seines Mahles empfangt.
Was Johannes hier vom See Genezareth berichtet, das ist und bleibt eine einmalige Geschichte. Doch was hier am Altar geschieht, das bleibt für euch, liebe Konfirmanden, hoffentlich nicht etwas Einmaliges: Im Gegenteil: Ihr sollt und dürft wissen: Wenn Christus jetzt in Zukunft hier im Gottesdienst einlädt: „Kommt und haltet das Mahl“ – dann meint er euch, jawohl, einen jeden von euch. Ach, ich wünsche euch so sehr, dass ihr das kapiert habt, was diese Einladung bedeutet, dass euch das künftig an jedem Sonntagmorgen klar ist, wer euch hier erwartet, und dass ihr darum Christus mit seinem Mahl hier nicht allein lasst, sondern mit dabei seid, wenn er euch ruft. Ja, das hoffe ich, dass ihr künftig immer mit drauf seid auf diesem Bild, wie Jesus seinen Jüngern das Mahl reicht. Denn ihr wisst’s doch hoffentlich für euer ganzes Leben, worum es hier geht: „Es ist der Herr!“ Amen.