15.08.2010 | Die Wüstenwanderung (Fam.-GD zum Abschluss der Kinderbibelwoche)

11. SONNTAG NACH TRINITATIS – 15. AUGUST 2010 – PREDIGT ÜBER 2. MOSE 19+20

Den biblischen Text in Reimform finden Sie unter: Downloads > Biblische Texte in Reimform > Wüstenwanderung.

Na, das hat ja eben ganz schön gedröhnt, als die Israeliten Gott am Berg Sinai begegnet sind. Das war ja eben alles nur künstlich mit Technik nachgemacht, was wir euch hier präsentiert haben. Aber eine ganz kleine Ahnung haben wir dabei vielleicht doch schon bekommen von dem, was die Israeliten damals auf dem Sinai erlebt haben. Ja, sie haben es damals am eigenen Leibe erfahren: Gott ist nicht bloß ein netter Opa, der irgendwo da oben auf einer Wolke sitzt und freundlich lächelnd auf uns herabblickt. Gott ist kein Eichhörnchen, an das man einfach mal herantreten kann und staunen kann, wie possierlich es doch ist. Gott ist kein Maskottchen, das wir nach unseren Wünschen und Zwecken einsetzen können und das uns immer Glück und Erfolg garantiert. Sondern Gott ist in der Tat heilig, so ganz anders als wir Menschen, dass wir eigentlich vor ihm vergehen müssten, wenn wir uns ihm nähern. Genau das ist den Israeliten damals am Berg Sinai deutlich geworden. Nein, das kann für uns gerade nicht heißen, dass wir dann lieber doch die Finger von Gott und dem Glauben an ihn lassen, dass wir lieber nichts mit Gott zu tun haben sollten, weil es sonst für uns gefährlich werden könnte. Im Gegenteil: Der Begegnung mit dem lebendigen Gott können wir uns alle miteinander nicht entziehen; die steht uns allen miteinander spätestens am Ende unseres Lebens bevor. Und allerspätestens dann werden wir es erkennen, dass es der größte Fehler unseres Lebens wäre, Gott in unserem Leben nicht ernst zu nehmen, sondern ihn irgendwo in ein Hinterzimmer unseres Lebens zu packen.
Und doch geht es in der Geschichte von der Wüstenwanderung des Volkes Israel nicht darum, dass wir nun vor Gott Angst bekommen und uns vor ihm fürchten. Ja, Respekt sollen wir vor ihm haben, Ehrfurcht allemal. Aber derselbe Gott, der damals das Volk Israel am Sinai so schaudern ließ, erweist sich auf dem Weg des Volkes durch die Wüste immer und immer wieder als ein Gott, der mit seinem Volk, der mit uns Menschen unglaubliche Geduld hat. Wie oft hätte er allen Grund dazu gehabt, sein Volk zu vernichten, den Bund mit ihm endgültig aufzukündigen! Aber er tut’s nicht – aus Liebe zu seinem Volk. So weit ist er schließlich in seiner Liebe gegangen, dass er sich selber für uns hat ans Kreuz hängen lassen, dass er für uns gestorben ist, damit wir am Ende unseres Lebens nicht vor ihm zu erschrecken brauchen, sondern diesem letzten Gericht ganz getrost entgegenblicken dürfen, weil wir wissen: Christus, unser Herr, hat selber alles weggenommen, was uns für immer von Gott trennen könnte, was uns daran hindern könnte, einmal für immer mit ihm zu leben.
Nein, wir brauchen vor Gott keine Angst zu haben; er ist doch unser liebender Vater – so gilt es für uns ganz persönlich seit dem Tag unserer Taufe. Und auf diesem Hintergrund bekommen dann auch die Zehn Gebote, die wir eben mit so viel Dröhnen vernommen hatten, noch einmal einen ganz anderen Klang – einen Klang, den sie übrigens auch schon für das Volk Israel selber damals hatten. Sie sollen uns keinen Schrecken einjagen, sondern sie sind Ausdruck der Liebe Gottes zu uns Menschen. Gut meint er es mit uns, dass er uns seine Gebote gegeben hat. Er will uns damit nicht schikanieren, uns nicht unser Leben versauen, sondern sie sollen uns im Gegenteil eine Hilfe für unser Leben sein.
Nein, es ist keine Schikane, wenn Gott von uns erwartet, dass er die Nummer eins in unserem Leben ist. Er will nur, dass wir unser Herzen nicht an etwas hängen, was in unserem Leben schließlich doch keinen Bestand hat. Nein, es ist keine Schikane, wenn Gott einen Tag in der Woche für die Begegnung mit ihm reserviert. Er weiß, dass das für uns selber gut ist, dass wir da keine Zeit verlieren, sondern im Gegenteil auftanken für unser Leben, wenn wir mit ihm zusammenkommen, hier in seinem Haus. Nein, es ist keine verstaubte Moral, die Gott verkündigt, wenn er seinem Volk Israel, wenn er auch uns gebietet, dass wir nicht ehebrechen sollen. Er will uns vielmehr erkennen lassen, was für ein wunderbares Geschenk die Ehe für uns Menschen ist. Wir haben heute hier in unserer Mitte ein Ehepaar, das in diesen Tagen seine Goldene Hochzeit feiern konnte und heute hierher gekommen ist, um aus diesem Anlass Gott zu danken und vor Gottes Altar wieder neu seinen Segen zu empfangen. Nein, Sie beide, liebe Frau P., lieber Herr P., sind diese 50 Jahre nicht zusammengeblieben, weil Sie vor Gott solche Angst gehabt hätten, dass Sie dann doch lieber Ihre Ehe weitergeführt haben. Sondern Sie haben in diesen vergangenen 50 Jahren immer wieder erfahren dürfen, was für ein Segen, was für ein Geschenk Gottes es ist, mit seinem Partner gemeinsam durchs Leben gehen zu dürfen. Sie haben etwas davon erfahren, wie Gott auch Sie durch das Leben geführt hat, wie das Volk Israel damals auch, wie er Ihnen auch weitergeholfen hatte, wenn es mal schwierig wurde, wie er Ihnen immer wieder viel Grund zum Dank geschenkt hat, viel Grund zur Freude über Ihre Familie, die mittlerweile so sehr angewachsen ist. Nein, das ist alles nicht bloß Zufall, nicht bloß Glück, all dies ist Gabe Gottes des Schöpfers, der uns eben darum seine Gebote gegeben hat, weil er es gut mit uns meint. Gelernt haben Sie in Ihrer Ehe, einander zu vergeben, wie Gott uns vergibt, haben so in Ihrer Ehe etwas von der Liebe unseres Gottes widergespiegelt, der Sie mit seiner Liebe immer wieder angestrahlt hat.
Und so helfen Sie beide uns heute in besonderer Weise, recht zu verstehen, worum es in der Geschichte von der Wüstenwanderung heute ging, dass wir alle miteinander heute nicht mit bebenden Knien die Kirche verlassen, sondern mit einem Herz voller Freude und Dank – sei es, wie in Ihrem Fall, für die vergangenen 50 Jahre, oder sei es auch nur für diese vergangene Kinderbibelwoche, in der wir wieder so viel Freude miteinander erlebt haben, es miteinander erfahren haben, wie gut es ist, bei diesem Gott zu Hause zu sein, der solch eine Sehnsucht nach uns hat und uns so sehr liebt. Ja, begegnen wollen wir ihm, unserem Herrn und Gott, jetzt noch einmal in ganz besonderer Weise, wenn wir hier am Altar noch einmal viel dichter an ihn herankommen als das Volk Israel damals am Berg Sinai, wenn wir ihn, den lebendigen Gott, tatsächlich mit unserem Munde empfangen und berühren dürfen im Heiligen Mahl. Ja, da tun wir schon gut daran, vor diesem Gott anbetend auf die Knie zu sinken – aber Furcht: nein, die müssen wir nicht haben, dürfen uns vielmehr auf diese Begegnung freuen, in der es uns Gott noch einmal klar macht: Ich will euch keine Angst einjagen; ich will euch doch Leben schenken, Leben gemeinsam mit mir, nicht bloß 50 oder 60 Jahre, sondern in alle Ewigkeit. Amen.