Biblische Geschichten in Kurzform.

Biblische Geschichten in Kurzform.

 

Die Bibel ist kein Märchenbuch. Sie bietet nicht frei erfundene Erzählungen zur Illustration irgendwelcher „zeitlosen Wahrheiten“ dar, und sie lehrt auch nicht irgendwelche abstrakten religiösen Gedankengebäude. Sondern die Heilige Schrift berichtet von einem Weg, den Gott selber mit den Menschen von Anfang an in dieser Welt gegangen ist und den er bis zur Vollendung der Welt auch weiter gehen wird. Geschichte, die sich zu ganz bestimmten Zeitpunkten an ganz bestimmten Orten zugetragen hat, schildert uns die Heilige Schrift. Und diese Geschichte muß man zugleich als Hintergrund kennen, um viele der biblischen Bücher recht verstehen und einordnen zu können.

In ihrem Kern berichtet die Heilige Schrift in ihrem ersten Teil, dem Alten Testament, über mehr als 1000 Jahre der Geschichte des Volkes Israel vor der Geburt Christi. Das Neue Testament umfaßt einen sehr viel kürzeren Zeitraum: Es schildert das Leben und Wirken Jesu und die Entstehung der ersten christlichen Gemeinden im ersten Jahrhundert nach der Geburt Christi.

Die Heilige Schrift beginnt mit der sogenannten „Urgeschichte“, mit Erzählungen, die sich unserer Erfassung mit geschichtlichen Zahlangaben entziehen. Diese Erzählungen machen aber zugleich deutlich, daß die Botschaft der Heiligen Schrift weit über Israel hinausreicht und allen Menschen gilt. Zur Urgeschichte gehören die Erzählungen von der Erschaffung der Welt und der ersten Menschen, von dem „Sündenfall“, durch den das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen zerbrach, von dem ersten Mord, den Kain an seinem Bruder Abel beging, von der Sintflut und der Rettung Noahs in der Arche und vom Turmbau zu Babel. Es ist eine Unheilsgeschichte, in der erkennbar wird, wie sich die Menschen immer neu und immer weiter von Gott, ihrem Schöpfer, entfernen. Dann macht Gott einen Neuanfang: Er beruft Abraham und läßt ihn wider alle Vernunft kinderlos mit seiner Frau Sara nach Kanaan, ins Gebiet des heutigen Israel, ziehen mit dem Versprechen, ihn zum Vater eines großen Volkes zu machen. Abraham und Sara bekommen schließlich doch noch einen Sohn namens Isaak, der wiederum der Vater von Zwillingen namens Esau und Jakob wird. Jakob, auch Israel genannt, bekommt zwölf Söhne, aus denen später die zwölf Stämme des Volkes Israel entstehen, darunter Juda und Joseph. Joseph wird von seinen Brüdern aus Mißgunst als Sklave nach Ägypten verkauft. Dort steigt er schließlich zu einem führenden Minister auf und veranlaßt nach mancherlei Wirren schließlich seinen Vater und seine Brüder dazu, wegen einer Hungersnot in Kanaan nach Ägypten zu ziehen. Dort wird aus der Großfamilie im Laufe der Jahrhunderte ein Volk, das von den Ägyptern immer stärker unterdrückt wird. Schließlich beruft Gott Mose, einen Israeliten, der am Hof des Pharao aufgewachsen ist, mit der Befreiung seines Volkes. Nachdem der Pharao sich auch durch viele Plagen, die ihm Gott schickte, nicht dazu bewegen ließ, die Israeliten ziehen zu lassen, führt Mose das Volk schließlich doch aus Ägypten in die Freiheit. Am Schilfmeer wird das Volk vor den ägyptischen Verfolgern wunderbar gerettet. Diese Herausführung aus Ägypten und die Rettung am Schilfmeer sind bis heute für das jüdische Volk zentrale Heilsereignisse, derer es immer noch jedes Jahr am Passafest (Pessach) gedenkt. Anschließend zieht Israel zum Berg Sinai, wo es von Jahwe, dem Gott Israels, in einem Bundesschluß zu seinem Eigentumsvolk erklärt wird und die Zehn Gebote erhält. Anschließend zieht Israel vierzig Jahre lang durch die Wüsten des Sinai, bis es sich schließlich vom Ostjordanland dem Land Kanaan nähert. Noch vor der Überschreitung des Jordan, des Grenzflusses zum „Gelobten Land“, stirbt Mose; sein Nachfolger wird Josua. Unter seiner Führung nehmen die Israeliten vom Land Kanaan Besitz: Zum Teil lassen sie sich friedlich in den Gebieten zwischen den Städten der Kanaanäer nieder, zum Teil werden auch Städte erobert, wie zum Beispiel Jericho.

In den folgenden Jahrhunderten haben die zwölf Stämme in der Regel keine einheitliche Führung; nur wenn sie von umliegenden Volksstämmen angegriffen werden, sammeln sich die jeweils betroffenen Stämme zur Abwehr der Bedrohung spontan unter einem Heerführer. Diese Heerführer werden im Alten Testament „Richter“ genannt; zu den bekanntesten Richtern zählen Gideon, Simson und auch eine Frau namens Debora. Der letzte Richter ist Saul. Während die Israeliten bisher im Unterschied zu den umliegenden Völkern bewußt auf die Leitung durch einen König verzichtet hatten, weil Gott ihr einziger König und Herr sein sollte, rufen sie nun Saul zum König aus. Seine Amtszeit verläuft unglücklich: Er leidet unter der wachsenden Popularität des jungen David, der sich seit seinem Sieg über Goliath beim Volk großer Beliebtheit erfreut. Saul verfolgt David; als er schließlich im Kampf gegen die Philister fällt, wird David zunächst von den Stämmen im Süden Israels unter der Führung Judas zum König ausgerufen. Als er schließlich auch von den „Nordstämmen“ als König anerkannt wird, erobert David Jerusalem, die letzte noch verbliebene Festung der Kanaanäer, und macht sie zur Hauptstadt des geeinten Reiches. Dies geschah etwa um das Jahr 1000. David baut dort einen Königshof auf und macht aus Israel durch erfolgreiche kriegerische Unternehmungen und diplomatisches Geschick ein Großreich. Sein Sohn Salomo baut das Reich mit friedlichen Mitteln weiter aus und läßt in Jerusalem den Tempel errichten. Als Salomos Sohn Rehabeam seine Herrschaft mit einer Steuererhöhung einleitet, sagen sich die zehn Nordstämme von ihm los; seitdem ist das Reich geteilt in das Südreich, auch „Juda“ genannt, in dessen Reichsgebiet auch Jerusalem liegt, und in das Nordreich, das „Israel“ genannt wird. Dem Nordreich fehlt sowohl der Tempel als kultischer Mittelpunkt als auch ein von Gott legitimiertes Herrscherhaus. So putschen sich dort in den folgenden zweihundert Jahren immer wieder neue Militärführer an die Macht und lassen sich zu Königen ernennen, die von ihrer Residenz in Samaria aus regieren. Als neue religiöse Mittelpunkte werden Kultstätten in Bethel und Dan geschaffen, wo Jahwe, der Gott Israels, in Form eines goldenen Stierbildes verehrt wird. Daneben erwiesen sich Herrscher und Bevölkerung gleichermaßen anfällig für kanaanäische Fruchtbarkeitskulte und die Verehrung des Gottes Baal. Dagegen predigten im Nordreich die Propheten Elia, Elisa und Hosea. Im Jahr 722 wurde das Nordreich von den Assyrern erobert; die zehn Stämme wurden deportiert und gingen in der Verbannung im Völkergemisch des Zweistromlandes auf.

Übrig bleibt das Südreich Juda, das nach einem Feldzug der Assyrer im Jahr 701 auf eine Größe weit unter der des Stadtgebiets von Berlin zusammengeschrumpft ist. Auch im Südreich treten Propheten auf, die die Bevölkerung davor warnen, ihr Vertrauen auf andere Götter statt auf Jahwe zu setzen und Gottes Gebote, die dem Schutz der Armen und Schwachen dienen, zu übertreten. Zu diesen Propheten zählen Jesaja, Micha und Jeremia. Als sich der Königshof und die Bevölkerung ihrer Botschaft verschließen, wird Jerusalem im Jahr 597 zum ersten Mal von den Babyloniern belagert; der König und ein Teil der Oberschicht werden nach Babylon verschleppt. Nach einem Aufstand gegen die Babylonier wird Jerusalem von diesen 587 erobert und zerstört; weite Teile der Bevölkerung müssen ins Exil nach Babylon. Dieses endet 538 mit der Eroberung Babylons durch den Perserkönig Kyros. Den Juden wird die Rückkehr in ihre Heimat gestattet, wo ihnen der Wiederaufbau Jerusalems nur mühsam und kümmerlich gelingt. Israel bleibt in der Folgezeit Spielball der jeweiligen politischen Großmächte. Im zweiten Jahrhundert vor Christus wird es noch einmal für kurze Zeit politisch unabhängig, bevor es im Jahr 63 vor Christus von den Römern erobert wird.

Unter der Herrschaft der Römer wird im Jahr 7 vor Christus in Bethlehem Jesus geboren. Er wächst in Nazareth auf und tritt, als er Mitte 30 ist, in der Öffentlichkeit auf, verkündigt das Kommen des Reiches Gottes in seiner Person und wird deshalb schließlich verhaftet, vom römischen Statthalter Pontius Pilatus als Aufrührer zum Tode verurteilt und am 7. April des Jahres 30 gekreuzigt. Zwei Tage später gibt sich Jesus seinen Jüngern als der Auferstandene zu erkennen und sendet sie bald darauf aus, die Botschaft von seinem Tod und seiner Auferstehung allen Menschen zu verkündigen und sie durch die Taufe unter seine Herrschaft zu stellen. Die ausgesandten Jünger, Apostel genannt, wenden sich zunächst mit ihrer Verkündigung an ihre jüdischen Volksgenossen in Jerusalem, wo sich am Pfingstfest 3000 Menschen taufen lassen, und der Umgebung. Gott selber bricht diese Beschränkung auf und veranlaßt die Apostel auch zur Taufe von Nichtjuden. Entscheidend für die weitere Ausbreitung der frohen Botschaft wird die Berufung des jüdischen Rabbiners Saulus, mit römischem Namen Paulus, der zuvor die ersten entstehenden christlichen Gemeinden verfolgt hatte, durch den auferstandenen Christus selber. Paulus durchzieht auf mehreren Missionsreisen das Mittelmeergebiet; durch seine Missionstätigkeit entstehen zahlreiche Gemeinden, an die er sich in seiner Abwesenheit auch in Briefen wendet, die im Neuen Testament gesammelt sind. Paulus erreicht schließlich auch die Hauptstadt Rom, allerdings als Gefangener. Später wird er dort auch hingerichtet. In einigen Schriften des Neuen Testaments wird bereits der sich anbahnende Konflikt zwischen den römischen Kaisern, die je länger desto mehr göttliche Verehrung für sich selber beanspruchten, und den christlichen Gemeinden erkennbar. Daß trotz aller Unterdrückung und Verfolgung der Christen in der Folgezeit schließlich doch nicht das Christentum, sondern vielmehr das römische Reich unterging, erinnert uns daran, daß Gott der Herr der Geschichte bleibt, von dessen Weg mit den Menschen und mit seinem Volk die Heilige Schrift selber so eindrücklich berichtet.

Evangelisch-Lutherische Mariengemeinde Berlin
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