12.02.2014 | St. Johanns 3,31-36 | Mittwoch nach dem Fest der Verklärung Christi
Pfr. Dr. Gottfried Martens

Vor einigen Wochen habe ich einen Brief von unserem Bischof erhalten, über den ich mich sehr gefreut habe. In diesem Brief bescheinigt mir unser Bischof, dass meine Unterrichts- und Taufpraxis hier in Steglitz der allgemeinen Lehre und Praxis der Lutherischen Kirche entspricht. Genau das war in letzter Zeit im Berliner Verwaltungsgericht wiederholt in Frage gestellt worden: In drei Monaten kann man doch nicht die Inhalte des christlichen Glaubens ausreichend vermitteln, war mir gesagt worden; das was ich hier in Steglitz mache, seien „Schnelltaufen“.

Doch so kompliziert ist der christliche Glaube in Wirklichkeit gar nicht. Er ist eigentlich sogar so einfach, dass man dafür noch nicht einmal drei Monate braucht, um das Entscheidende zu vermitteln und zu lernen. Um Christ zu werden, muss man in der Tat in seinem Leben keinen Weihnachtsbaum gesehen haben und keine Ostereier. Anderes ist entscheidend, so macht es uns die Predigtlesung des heutigen Abends deutlich. Sie zeigt uns, worauf es wirklich ankommt, zeigt uns, wie einfach der Kern des christlichen Glaubens in Wirklichkeit ist.

Es geht im christlichen Glauben zunächst einmal um eine ganz tiefe Trennung, die nicht geringer ist als die Differenz zwischen Himmel und Erde. Und diese Trennung, diese tiefe Kluft, können wir Menschen nicht überbrücken: Wer von der Erde ist, der ist von der Erde und redet von der Erde. Wir kommen nicht an Gott heran, so sehr wir uns auch bemühen mögen, ja, wir haben überhaupt keine Ahnung davon, wer Gott wirklich ist, auch wenn wir uns noch so viele kluge und fromme Gedanken über ihn machen. Wir sind eben nicht von oben her, wie St. Johannes hier formuliert.

Aber nun beschreibt St. Johannes hier nicht nur gleichsam ein Standbild: Gott oben, wir unten mit unseren Versuchen, irgendwie Gott zu erreichen. Als ein solches Standbild haben ja viele Glieder unserer Gemeinde früher ihr Verhältnis zu Gott im Islam empfunden. Doch St. Johannes macht deutlich, dass da in diesem Standbild etwas in Bewegung gekommen ist: Da ist nicht einfach bloß jemand oben, sondern da kommt jemand von oben – und der da kommt, der spricht, der erzählt von dem, was er gesehen und gehört hat. Und nur darum können wir wissen, wer Gott wirklich ist, können von Gott reden, können auch anderen Menschen von Gott erzählen. Eben darum ist auch diese Predigt nicht nur eine nette religiöse Rede, in der ich so meine persönlichen Gedanken über den lieben Gott zum Besten gebe – nein, ich kann und darf euch weitersagen, was ein Augen- und Ohrenzeuge der Herrlichkeit Gottes, ja mehr noch: was Gottes eigener, geliebter Sohn über Gott gesagt hat. Ach, Schwestern und Brüder, wenn wir doch nur begreifen würden, was für ein Wunder das ist, dass wir wissen dürfen, wer Gott wirklich ist, was er wirklich von uns will – nein, viel mehr noch: nicht, was er von uns will, sondern was er für uns will und tut! Das ist in der Tat tausendmal wichtiger als jedes Fußballergebnis oder jedes Ergebnis von den Olympischen Spielen, das ist wichtiger auch als jede Nachricht, ob jemand hier in Deutschland als Flüchtling anerkannt wird oder nicht: Nein, nicht nur ein Prophet, sondern Gottes eigener Sohn, er, der mit dem Vater in der Liebe eins ist, kommt zu dir, nicht bloß, um deine Neugier zu befriedigen, sondern um dich in seine Gemeinschaft aufzunehmen. Gottes Sohn kommt zu dir, und was er dir zu sagen hat, das hat Kraft, das ist kein leeres Gerede, sondern gefüllt mit dem Heiligen Geist.

Genau das erlebe ich zurzeit immer wieder so handgreiflich hier im Taufunterricht, wie der Heilige Geist durch diese scheinbar so simple, einfache Botschaft wirkt, wie er die Herzen von Menschen erreicht und verändert, weil die Worte, die ich weitersagen darf, Gottes Worte sind, Worte, die Glauben wirken, Worte, die bewirken, dass Menschen zu Jesus und seiner Botschaft Ja sagen, ihn als ihren Herrn, als Gottes Sohn anerkennen.

Ja, Kraft haben diese Worte – und doch zwingen sie zugleich niemand, weil es Worte voller Liebe sind, und Liebe zwingt niemals, sondern wirbt, um so Herzen zu erreichen. Ja, Jesus wirbt in seinen Worten darum, dass wir ihn als unseren Herrn, als Gottes Sohn erkennen, als den, der die Brücke zwischen Gott und den Menschen ist. Er wirbt darum, weil es darin um nicht weniger als um das ewige Leben geht: „Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben.“ So einfach ist das in der Tat mit dem christlichen Glauben. Ich muss mich nicht intellektuell mit den Kreuzzügen auseinandergesetzt haben, ich muss nicht unbedingt wissen, was wir Pfingsten feiern, ich muss nicht die Namen aller zwölf Apostel auswendig kennen, um Christ zu sein, um das ewige Leben zu haben. Es reicht in der Tat, an Jesus Christus zu glauben, in ihm den Herrn und Retter zu erkennen. Es reicht, sich darüber zu freuen, dass in ihm Gott zu uns gekommen ist, dass er durch ihn alles für uns getan hat, sodass wir gar nichts mehr tun müssen, um ins ewige Leben zu kommen. Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Jawohl, so einfach, so klar, solch eine schöne, froh machende Botschaft! Gewiss, wer an den Sohn glaubt, der wird dann auch dort sein wollen, wo er ist, der wird ihm dann auch immer wieder begegnen wollen, wo er sich finden lässt, ganz konkret hier im Heiligen Mahl. Da stärkt uns Christus immer wieder den Glauben an ihn, da bewahrt Christus uns immer wieder davor, die Verbindung zu ihm zu verlieren – und damit die Verbindung zum Leben, zum ewigen Leben. Bleibe also nur dran an Jesus, an dem, was er dir sagt und schenkt. Glaube an ihn – und du hast das Leben. Mehr ist wirklich nicht nötig. Amen.