24.12.2012 | St. Lukas 2,7b | Christvesper I

Vor einigen Wochen ging ein Aufschrei durch die Presse: Ausgerechnet im Virchow-Klinikum hatte man auf der Haut von neugeborenen Kindern gefährliche Darmkeime entdeckt. Wie konnten die da bloß hinkommen, so fragte man sich verständlicherweise. Sollte man nicht gerade in einem Universitätsklinikum sich darauf verlassen können, dass die Neugeborenen ihre ersten Lebenstage in einer keimfreien Umgebung verbringen können?

Schwestern und Brüder: Bei unseren heutigen Neugeborenen bestehen wir auf hohen Hygiene-Standards, und das aus gutem Grund. Doch merkwürdigerweise bleibt der Schrei der Empörung in aller Regel aus, wenn am Heiligen Abend die Weihnachtsgeschichte vorgelesen wird: Da wird doch allen Ernstes berichtet, dass ein neugeborenes Kind gleich nach seiner Geburt ausgerechnet in einen stinkenden Futtertrog gelegt wird, in dem kurz zuvor noch Schafe und Ziegen herumgesabbert hatten, in dem natürlich Keime aller möglichen Art im Überfluss vorhanden waren. Nicht auf blütenrein bei 95° C gewaschene Bettwäsche wird dieses Kind gelegt, sondern auf piekendes Stroh, ohne Matratze, ohne Sagrotan. Katastrophale hygienische Verhältnisse waren das, keine Frage – nein, nicht weil die Mutter ihr Kind vernachlässigt hätte, sondern weil ihre finanziellen Möglichkeiten keine bessere Unterbringung in dieser Nacht zuließen. Und wir – wir finden das vielleicht sogar noch romantisch, mögen uns an alte Jugendlagerzeiten in der Scheune oder auf der Isomatte erinnern. Doch was uns St. Lukas hier in der Weihnachtsgeschichte berichtet, hat mit Pfadfinderromantik in Wirklichkeit nicht das Geringste zu tun. Er will uns in der Tat zeigen, was Gott auf sich nimmt, um zu uns zu kommen, um uns in seine Gemeinschaft zurückzuholen.

Ja, da liegt es, das kleine Jesuskind, mitten in diesem verkeimten Futtertrog. Das ist lebensgefährlich, keine Frage. Doch genau dazu ist dieses Kind in die Welt gekommen, um in der Tat sein Leben zu riskieren, ja sein Leben hinzugeben – für uns. Dieses Kind, das da in der Krippe liegt, das hat auch später in seinem Leben gelernt, was es heißt, arm zu sein, kein eigenes Bett zu haben, das hat gelernt, was es heißt, ins Ausland fliehen zu müssen, das hat gelernt, was es heißt, Hunger und Durst zu haben, Angst zu haben, ganz allein zu sein. Mit diesem Jesus können wir sprechen – und der versteht uns, weil er eben nicht in der High Society verkehrt hat, sondern im Dreck gelegen hat.

Gott ist nicht weit weg, so verkündigt es uns das Kind in der Krippe; Gott sind eure Sorgen und Nöte nicht egal. Gott macht sich ganz klein, aus Liebe zu euch, bleibt nicht in seiner keimfreien Umgebung, sondern lässt sich hineinlegen in diesen ekelhaften Futtertrog. So weit ist Gott heruntergekommen.

Ja, wir glauben an einen kleinen Gott, an einen Gott, der ein Kind geworden ist. Und doch sollten wir dieses kleine, hilflose Kind im Futtertrog nicht unterschätzen. Dieses Kind hat die Kraft, all den Dreck deines Lebens zu beseitigen, den du auch mit noch so viel Waschen nicht loswirst. Ja, dieses Kind ist sogar stärker als der Tod, schenkt dir ein Leben, das niemals enden wird.

Lass dich darum von dem kümmerlichen, abstoßenden Anblick dieser Krippe nicht abschrecken. Komm zu diesem Kind, lass dich von ihm einladen. Du findest es heutzutage nicht mehr im Stall von Bethlehem. Du findest es heutzutage in den Gestalten von Brot und Wein in der Feier des Heiligen Mahles. Aber glaube nicht, dass es ihm heutzutage leichter fällt, sich in deinen Mund legen zu lassen, wenn er mit seinem Leib und Blut zu dir kommt. Glaube nicht, dass es ihm heutzutage leichter fällt, sich in deinen Mund legen zu lassen, aus dem so viele Worte herauskommen, die auch nicht unbedingt keimfrei sind. Glaube nicht, dass es ihm heutzutage leichter fällt, in deinem Herzen Wohnung zu nehmen, in dem es so viele dunkle, verkeimte Bereiche gibt, die dir selber vielleicht auch nur zum Teil bewusst sind.

Doch dieses Kind in der Krippe lässt sich nicht abschrecken. Alles macht es für dich, nur damit du einmal für immer leben darfst mit ihm, nur damit dein Leben nicht im Dunkeln endet, sondern im hellen Lichtschein des ewigen Lebens.

Ja, denke daran, wie gut du es hast, wenn du dich heute Abend in ein sauberes Bett legen kannst und nicht in einem Futtertrog schlafen musst. Und denke vor allem daran, wie gut du es hast, dass dein Herr und Heiland Jesus Christus sich in diese Krippe, in diesen Futtertrog hat legen lassen, um dich ganz reich zu machen, um dir Geschenke zu machen, die viel größer sind als alles, was du heute Abend auspacken magst: Vergebung der Sünden, ewige Freude in der Gemeinschaft mit Gott. Ja, diese Geschenke bringt dir das Kind in der Krippe. Und damit ihr, liebe Kinder, dieses Kind in der Krippe nicht vergesst, dürft ihr euch jetzt gleich hier vorne ein Geschenk abholen. Die Frauen des Bastelkreises unserer Gemeinde haben es für euch angefertigt, das Geschenk mit der Krippe drauf. Und was das für Jesus bedeutet hat und für uns bedeutet, dass er in dieser Krippe gelegen hat, das wisst ihr ja jetzt alle hoffentlich, nicht wahr? Amen.