01.05.2011 | St. Johannes 6,66-69 | Quasimodogeniti (Hl. Konfirmation)

Heute habe ich mal mein Handy in die Kirche mitgenommen. Natürlich habe ich es ausgeschaltet, und ich hoffe, dass ihr alle, die ihr hier in der Kirche sitzt, es ebenfalls ausgeschaltet habt und nicht irgendwann diesen Gottesdienst mit eurer ganz persönlichen musikalischen Note in Form eines Klingeltons mit ausgestaltet. Vor einigen Jahren war dieses Handy, das ich benutze, noch ganz modern: Während früher die Handys ja ziemliche Klopper waren und man mit ihnen nichts Anderes machen konnte, als bloß zu telefonieren, ist mein Handy schon sehr viel kleiner und leichter, und man kann mit ihm schon einiges mehr machen, als bloß bei jemandem anzurufen. Doch wenn ich euch, liebe Konfirmanden, nun dieses Handy zeige, da mögen mich viele von euch doch eher mitleidig anschauen: Mit solch einem Uralt-Teil läuft der immer noch herum?! Mit dem Handy kannst du doch noch nicht mal irgendwelche Fotos machen – und im Internet surfen kannst du damit auch nicht. Ja, daran sieht man wieder mal, dass du doch schon ein ziemlich alter Opa, dass du doch schon ganz schön von vorgestern bist!

Ja, die Zeiten verändern sich heutzutage irre schnell: Was vor ein paar Jahren noch hochmodern war, ist heute schon wieder völlig überholt. Da ist es dann gar nicht so einfach, mitzukommen, denn natürlich möchtet auch ihr nach Möglichkeit immer auf dem neusten Stand sei, möchtet auf keinen Fall den Eindruck erwecken, ihr hättet den Anschluss verpasst, würdet immer noch etwas machen, was doch schön längst nicht mehr in ist, sondern mega-out. Oder sagt man heute auch schon nicht mehr mega-out, ist das vielleicht auch schon wieder überholt?

Und da lasst ihr euch, liebe Konfirmanden, heute hier in dieser Kirche nun konfirmieren, legt dabei nun gleich ein Versprechen ab vor Gott und dieser Gemeinde. Und dieses Versprechen, das scheint so überhaupt nicht zu passen zu unserem Handy-Zeitalter, in dem man alle paar Jahre spätestens das Handy wechselt, um wieder auf dem neusten Stand zu sein. Denn ihr versprecht nicht, so lange bei Christus und seiner Kirche zu bleiben, so lange zum Gottesdienst zu kommen, bis ihr ein besseres Angebot gefunden habt, das euch mehr bietet, als euch die Kirche bieten kann. Ihr schließt hier keinen Vertrag mit 12 oder 24 Monaten Laufzeit ab, den ihr anschließend wieder kündigen könnt. Sondern ihr versprecht Christus allen Ernstes, euer Leben lang ihm treu zu bleiben, euer Leben lang weiter freiwillig und gerne zum Gottesdienst zu kommen, euer Leben lang weiter im Glauben an ihn zu wachsen. Und das könnt ihr allen Ernstes nur deshalb tun, weil ihr hoffentlich verstanden habt, worum es in der Kirche und im Glauben an Christus eigentlich geht: Die Kirche ist eben nicht bloß ein praktischer kostenloser Pizzaservice und auch nicht bloß eine saubillige Reiseagentur für schöne Fahrten in die Umgebung. Sie ist auch nicht bloß ein beliebter Treffpunkt, an dem man mal seine Freunde wiedersehen kann. Und sie ist auch nicht bloß ein Jugendclub für unter 14jährige, aus dem man dann, wenn man älter wird, allmählich herauswächst. Sondern so viel habt ihr nun hoffentlich alle miteinander im Konfirmandenunterricht mitbekommen und behalten, dass es in der Kirche um Christus geht – nein, nicht bloß, dass in der Kirche viel von Christus geredet wird, sondern dass er selber in seiner Kirche gegenwärtig ist: derselbe Christus, der für euch und eure Schuld am Kreuz gehangen hat, derselbe Christus, der am Ostermorgen den Tod besiegt und leibhaftig aus dem Grab auferstanden ist, derselbe Christus, dem ihr in den Gestalten von Brot und Wein immer wieder begegnet und der hier im Heiligen Mahl immer wieder in euch Wohnung nimmt und lebt, ja, derselbe Christus, der euch am Ende eures Lebens einmal danach fragen wird, welche Bedeutung er für euch und euer Leben denn nun eigentlich gehabt hat. Um den geht es in der Kirche, ja, der wartet auf euch.

Ja, ich weiß, das ist euch allen miteinander klar. Und von daher nehme ich einem jeden und einer jeden von euch auch euer Konfirmationsversprechen ab, nehme es euch ab, dass ihr es ehrlich meint, wenn ihr euch nun gleich zu Christus und seiner Kirche bekennt und versprecht, dabeizubleiben. Aber ich weiß, es dauert nicht lange – und geht schon am nächsten Sonntag los –, dass ihr euch entscheiden müsst und immer wieder euch werdet entscheiden müssen, ob eure Konfirmandenzeit, ob die Kirche für euch mehr ist als bloß eine Art von frommem Handy, das man mal ein paar Jahre benutzt und dann wieder zur Seite legt. Ja, ich weiß, wie schwer das für euch in den kommenden Monaten und Jahren sein wird, freiwillig und gerne bei uns in der Gemeinde, bei uns in der Kirche mit dabeizubleiben, und zwar nicht bloß, wenn irgendwann mal ein bisschen Action angeboten wird. Ich weiß, wie schwer das für euch in den kommenden Monaten und Jahren sein wird, sonntags morgens aus dem Bett zu kommen, wenn die Samstagabende und Samstagnächte für euch immer länger werden, je älter ihr werdet. Ich weiß, wie schwer das für euch in den kommenden Monaten und Jahren sein wird, weiter dabeizubleiben, wenn die meisten eurer Freunde mit Kirche und Glauben gar nichts anfangen können, wenn ihr ganz allein zur Kirche kommen müsst, während die anderen alle etwas ganz Anderes machen. Ja, ich weiß, wie schwer das für euch in den kommenden Jahren sein wird, Christus auch dann noch treu zu bleiben, wenn ihr irgendwann vielleicht mal einen Freund oder eine Freundin finden werdet, die selber von Kirche und Glauben nur wenig wissen wollen. Dann ist die Versuchung so groß, das einfach zu vergessen, was ihr Christus nun gleich versprechen werdet.

Doch eines sollt und dürft ihr zugleich auch wissen: Ihr steht in dieser Situation nicht allein da. Da berichtet uns der Evangelist St. Johannes, wie damals auch die Leute in großen Scharen von Jesus abgehauen sind, mit ihm nichts mehr zu tun haben wollten. Der Grund dafür war offensichtlich: Jesus hatte gerade eine lange Predigt gehalten und darüber gesprochen, dass die Menschen künftig nur so mit ihm in Verbindung bleiben können, dass sie seinen Leib im Abendmahl essen und sein Blut trinken. Damals haben sich die Leute noch nicht so sehr darüber aufgeregt, dass Jesus so eine lange Predigt gehalten hat – die waren noch nicht bildschirmgeschädigt und konnten noch länger zuhören als ihr heute. Aber sie haben sich darüber aufgeregt, dass Christus ihnen gesagt hat, dass es für sie so lebensentscheidend wichtig ist, dass sie immer wieder das Heilige Abendmahl empfangen. Solch ein Quatsch, sagten die Leute, so etwas wollen wir uns nicht mehr anhören – und gingen einfach weg. Und Jesus – der versucht nicht, die Leute zu halten. Er ruft ihnen nicht hinterher: Halt, so habe ich das doch gar nicht gemeint mit dem Abendmahl; kommt wieder, ich verspreche euch auch, mit euch jeden Sonntag Pizza zu essen und mit euch jedes Jahr in den Heidepark zu fahren! Sagt Jesus nicht, sondern lässt diese Leute ziehen, so weh ihm das auch tut. Ja, mehr noch: Er stellt es seinen eigenen Jüngern frei, sich diesen Leuten anzuschließen, mitzumachen bei dem, was alle anderen auch machen: „Wollt ihr auch weggehen?“

Doch da gibt nun der Petrus eine Antwort, die auch für euch ganz wichtig ist. Der sagt: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewige Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“ Herr, wohin sollen wir gehen? Ja, natürlich gibt es genügend Antworten auf diese Frage. Ihr habt hier in Berlin Tausende von Möglichkeiten, wo ihr hingehen könnt, statt in die Kirche zu gehen, und sei es nur, dass ihr bei euch zu Hause vor dem Computer hockt und euch damit zufrieden gebt. Ja, Spaß könnt ihr da überall haben, vielleicht sogar noch mehr als in der Kirche, auch wenn ihr es jetzt letzte Woche bei der Konfirmandenfahrt ja auch wieder erlebt habt, wie viel Spaß man auch in der Kirche haben kann. Doch Spaß könnt ihr, wie gesagt, auch anderswo haben. Doch das ewige Leben, das bekommt ihr eben woanders nicht. Das bekommt ihr tatsächlich nur da, wo Christus ist, wo er in seinem Wort zu euch spricht, wo er euch immer wieder eure Sünden vergibt und wo er euch im Heiligen Mahl begegnet.

Der Petrus hatte das damals kapiert, und darum ist er nicht den anderen Leuten hinterhergerannt, die sich von Christus abgeseilt haben, sondern ist bei Christus geblieben. Und genau das wünsche ich euch auch, dass ihr das in eurem Leben immer wieder von Neuem kapiert, warum der Petrus damals recht gehabt hat, warum das auch eure Antwort bleiben sollte: Ja, wo sollten wir denn hingehen, wenn wir von dir weggehen? Was bleibt uns dann noch ohne dich?

Ja, das wünsche ich euch, dass ihr das kapiert. Denn eines sollt ihr auch wissen: Christus zwingt euch nicht, bei ihm zu bleiben, und ich kann und werde es auch nicht tun: Er lässt euch die Freiheit, ihn zu verlassen. Immer wieder wird er euch in eurem Leben genau diese Frage stellen: „Wollt ihr auch weggehen?“ Christus ist kein Gefängnisaufseher, der euch nicht von sich weglässt – und ich hoffe, dass ihr auch die Kirche niemals als ein Gefängnis empfinden werdet, aus dem man irgendwann ausbrechen muss. Christus hat nur ein Mittel in der Hand, um euch bei sich zu halten: Seine Einladung an euch, sein Wort, in dem er euch immer wieder das ewige Leben schenkt. Und noch etwas hat er für euch: seinen Heiligen Geist, den er euch nun gleich mitteilen will, wenn euch die Hände aufgelegt werden. Der soll euch helfen und wird euch helfen, Gott geb’s, dass ihr die Kirche niemals wie ein altes Handy anseht, das ihr irgendwann austauscht und die Ecke packt. Sondern der wird euch helfen, immer zu erkennen, was euch hier geboten wird: die beste Verbindung der Welt – direkt bis in den Himmel! Amen.