13.01.2008 | 2. Petrus 1, 16-21 (Letzter Sonntag nach Epiphanias (Fest der Verklärung Christi))

LETZTER SONNTAG NACH EPIPHANIAS (FEST DER VERKLÄRUNG CHRISTI) – 13. JANUAR 2008 – PREDIGT ÜBER 2. PETRUS 1,16-21

Wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.
Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, daß ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. Und das sollt ihr vor allem wissen, daß keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet.

Es hatte draußen kräftig geregnet, und die arme Katze, die draußen herumgelaufen war, war pitschnass geworden. Ihre Besitzerin, eine ältere Dame, hatte in solchen Fällen die Katze bisher immer in die Backröhre gesteckt und sie bei leichter Hitze wieder getrocknet, was auch immer gut gegangen war. Doch nun war die Backröhre ausgefallen, und so nahm sie stattdessen die Mikrowelle und steckte die Katze dort hinein, was der Katze allerdings trotz relativ kurzer Trocknungsdauer nicht gut bekam. Die arme Dame erlitt nach der Explosion der Katze in der Mikrowelle einen schweren Schock und verklagte daraufhin erfolgreich die Herstellerfirma der Mikrowelle, weil in der Gebrauchsanweisung der Mikrowelle nichts darüber geschrieben stand, dass man Katzen in den Geräten nicht trocknen dürfe. Seitdem findet sich in amerikanischen Gebrauchsanweisungen für Mikrowellen immer ein Warnhinweis, dass das Gerät nicht zur Trocknung von Haustieren geeignet sei.
Schwestern und Brüder, diese Geschichte wird immer wieder gerne erzählt; sie soll angeblich nur erfunden sein, ist aber nichtsdestoweniger gleichermaßen amüsant und lehrreich. Ja, es ist durchaus sinnvoll, in Gebrauchsanweisungen auch scheinbar völlig selbstverständliche Dinge hineinzuschreiben, weil man immer damit rechnen muss, dass Geräte und andere Gegenstände in einer Weise eingesetzt werden, für die sie eigentlich doch überhaupt nicht gedacht waren.
Und so ist das auch mit der Heiligen Schrift. Für die braucht man ganz offensichtlich auch eine Gebrauchsanleitung, weil es immer wieder vorkommt, dass Menschen sie in einer Art und Weise benutzen, für die sie nie gedacht war oder ist. Nun ja, dabei kommt es dann in aller Regel nicht gleich zur Explosion von Katzen, aber auch dabei kann eine ganze Menge kaputtgehen. Denn dazu ist die Heilige Schrift für uns einfach zu wichtig, als dass es egal wäre, ob wir in der rechten Weise oder in einer falschen Weise mit ihr umgehen. Genau das macht auch die Epistel des heutigen Festtages aus dem 2. Petrusbrief sehr eindringlich deutlich. Sie zeigt uns, wofür wir die Heilige Schrift denn nun tatsächlich gebrauchen, was wir in ihr tatsächlich finden können. Ja, in der Heiligen Schrift finden wir, so macht es unsere Epistel deutlich,

- Christus
- Berichte von Augenzeugen
- den Geist Gottes.

I.

Dass es in der Heiligen Schrift um Christus geht, mag uns ebenso selbstverständlich und überflüssig zu erwähnen vorkommen wie die Warnung vor der Trocknung von Katzen in der Mikrowelle. Doch so selbstverständlich ist das in Wirklichkeit eben doch nicht: Da haben wir es in unserer Umgebung etwa mit Sekten zu tun wie zum Beispiel den Zeugen Jehovas, für die eben nicht Christus im Zentrum der Heiligen Schrift steht, sondern die Wachturmgesellschaft, auch wenn man sich natürlich schon einige Mühe geben muss, die in die Heilige Schrift hineinzugeheimnissen. Und dann wird die Bibel zu einem Steinbruch von Bibelstellen gemacht, die man wahllos aus dem Zusammenhang reißen und neu zusammenfügen kann und damit dann angeblich alle möglichen Termine der Endzeit aus der Heiligen Schrift herauslesen kann. Ja, das ist etwa so sinnvoll wie die Trocknung von Haustieren in der Mikrowelle; aber es wird immer wieder gemacht, und auf dieses Vorgehen fallen auch immer wieder Leute allen Ernstes herein.
Oder da wird die Heilige Schrift von manchen, durchaus auch sehr frommen Leuten als eine Art von Orakelbuch missbraucht, als eine Art von frommem Horoskop. Ich schlage einfach die Bibel auf, finde da zufällig irgendeinen Spruch, und der soll mir dann sagen, was ich in meinem Leben zu tun habe. Nein, dazu ist die Heilige Schrift auch nicht da; es geht in ihr um Christus – daran muss man offenbar doch immer wieder erinnern.
Um Christus geht es, das heißt ganz konkret: Es geht um seine Kraft, um sein Kommen, um seine Herrlichkeit, so betont es der 2. Petrusbrief hier ausdrücklich. Ich verstehe und gebrauche die Heilige Schrift von vornherein nicht richtig, wenn ich in ihr nur Jesus als großes Vorbild und weisen Lehrer suche, wenn ich von ihm nur erwarte, dass er einige gute Sprüche zum Thema „Mitmenschlichkeit“ und „Spiritualität“ auf Lager hat. Nein, die Heilige Schrift bezeugt dies eine große Wunder, dass in Jesus Christus Gott selber zu uns Menschen gekommen ist, dass wir in ihm, Christus, die Herrlichkeit Gottes sehen und finden können – die Herrlichkeit Gottes, die die drei Jünger auf dem Berg schon einmal kurze Zeit unverhüllt schauen durften und die doch auch wir mit den Augen des Glaubens erkennen dürfen auch in dem Baby in der Krippe und in dem dornengekrönten Haupt des Mannes am Kreuz. Um ihn, der damals als Mensch unter Menschen im Heiligen Lande lebte, um ihn, der doch einmal in Kraft und Herrlichkeit sichtbar für alle Menschen wiederkommen wird, geht es in der Heiligen Schrift; auf ihn läuft alles zu, ihn bezeugt alles, was wir auf jeder Seite der Heiligen Schrift lesen, ja, durch ihn bekommt dann alles auch eine Bedeutung für uns, die wir diesem Kommen unseres Herrn in Herrlichkeit entgegensehen.
Die ganze Heilige Schrift bezeugt ihn, Christus, die ganze Heilige Schrift spricht von ihm, so betont es der 2. Petrusbrief hier ausdrücklich und meint damit natürlich ganz besonders auch das Alte Testament, denn das Neue Testament war zur Zeit seiner Abfassung ja erst im Entstehen begriffen. Ja, auch das Alte Testament ist ein Christusbuch, so bezeugt es das ganze Neue Testament. Das mag uns beim Lesen der Heiligen Schrift erst einmal gar nicht einleuchten. Da finden wir gerade im Alten Testament so viele Passagen, die uns so fremd vorkommen, die uns vielleicht gar schockieren. Doch recht verstehen können wir gerade auch diese Passagen nur, wenn wir wahrnehmen, dass sie Teil einer Geschichte sind, dass diese Geschichte weitergegangen ist, dass sich Gott dann endgültig, unwiderruflich in seiner ganzen Herrlichkeit in ihm, Christus, zu erkennen gegeben hat. Prophetisches Wort ist das Alte Testament, so formuliert es der 2. Petrusbrief hier, Wort, das über sich selbst hinausweist und immer wieder neu das Kommen Gottes in diese Welt ankündigt. Prophetisches Wort sind die schwer verständlichen Abschnitte des Alten Testaments, die nach einer Auslegung von Christus her verlangen, und prophetisches Wort sind eben auch die vielen Abschnitte im Alten Testament, in denen Gott sich in seiner Liebe und Zuwendung zu seinem Volk und auch schon zu den anderen Völkern so klar zu erkennen gibt und in denen das Angesicht Christi für uns schon so deutlich aufzuscheinen beginnt. Ja, fragen sollen wir uns bei jedem Abschnitt des Alten Testaments, den wir lesen: Was hat dieser Abschnitt mit Christus und mit seinem Kommen in diese Welt, mit seiner Kraft, mit seiner Herrlichkeit zu tun? Erst wenn wir darauf eine Antwort geben können, haben wir wirklich verstanden, was da steht, haben wir die Heilige Schrift in der Weise gebraucht, in der sie für uns gedacht ist.

II.

Aber nun gibt es auch Leute, die sagen: Ach, ich finde die Heilige Schrift wunderbar und lese wirklich gerne in ihr. Ich liebe Märchen, ich liebe alte Mythen; ich finde das ganz spannend, was sich die Menschen damals alles so ausgedacht haben! Und da gibt es daneben natürlich auch die anderen, die mit ganz ähnlichen Argumenten meinen, sie bräuchten sich mit der Heiligen Schrift gar nicht näher zu beschäftigen: Die Heilige Schrift ist doch nur ein Märchenbuch, so sagen sie; die ist vielleicht noch was für kleine Kinder – aber als aufgeklärter Erwachsener brauche ich das doch nicht mehr ernst zu nehmen, was da drin steht. Das sind doch alles nur fromme Legenden, mehr nicht.
Doch der 2. Petrusbrief betont hier ausdrücklich: Nein, die Heilige Schrift ist eben kein Märchenbuch; wir sind nicht auf irgendwelche ausgeklügelten Fabeln, auf irgendwelche verrückten Mythen hereingefallen, die wir euch nun als Wahrheit verkündigen. Nein, was die Heilige Schrift von Christus zu erzählen weiß, das beruht auf den Berichten von Augenzeugen, von Leuten, die selber mit dabei gewesen sind, die das alles selber miterlebt haben, was sie dann weitererzählt haben und was dann schließlich auch von ihnen oder von anderen aufgeschrieben worden ist.
Ja, dafür, dass die Berichte von Christus keine Märchen sind, stehen ganz konkrete Menschen ein, Menschen, die etwa auch dabei waren bei der Verklärung Christi und eben dies sagen konnten: „Diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.“ Dafür, dass sie ihn, Christus, nach seiner Auferstehung selber gesehen und gehört haben, dafür stehen ganz konkrete Menschen namentlich ein, Menschen, die allesamt bereit gewesen sind, sich für die Wahrheit dessen, was sie da bezeugten und verkündigten, einen Kopf kürzer machen zu lassen.
Nein, nicht um hübsche Sprüche fürs Poesiealbum, nicht um allgemeine Wahrheiten, in netten Erzählungen verpackt, geht es in der Heiligen Schrift, sondern darum, dass Gott selber ganz konkret in unsere Geschichte hineingekommen ist, so fassbar, dass Augenzeugen von seinem Kommen berichten konnten, es ganz konkret schreiben und behaupten konnten: „Ich habe den Herrn Jesus gesehen“, ihn, den Auferstandenen, wie es zum Beispiel auch der Apostel Paulus tut, dessen Briefe wir ja ebenfalls in der Heiligen Schrift finden. Nein, wenn du in der Heiligen Schrift liest, findest du dort nicht nur ein Stück interessanter Literatur; da wird von geschichtlichen Ereignissen berichtet, die auch für dich, für dein Leben von entscheidender Bedeutung sind.

III.

Und damit sind wir schon beim Dritten: Wenn du in der Heiligen Schrift liest, wenn du hörst, wie dir aus der Heiligen Schrift vorgelesen wird, dann begegnest du darin immer wieder dem Geist Gottes.
Die Heilige Schrift ist, wir wissen es, nicht so etwas Ähnliches wie ein Kriminalroman, bei dem vorne auf den ersten Seiten ein Mord geschildert wird und auf der letzten Seite dann herauskommt, wer der Mörder gewesen ist. Sondern die Heilige Schrift ist eine Bibliothek, bestehend aus nicht weniger als 66 verschiedenen Büchern, die alle sehr unterschiedlich sind und die man alle auch je für sich lesen kann. Und da legt es sich natürlich nahe, bei der Lektüre dieser einzelnen Bücher immer nur auf das zu schauen, was die jeweilige Eigenheit dieses Buches gerade ausmacht, was dieses Buch von den anderen unterscheidet. Das ist auch nicht falsch, nach dieser Eigenheit zu fragen; aber darüber dürfen wir eben niemals vergessen, was alle diese Bücher gemeinsam haben: Sie sind eben nicht einfach bloß Produkte des Geistes der jeweiligen Verfasser, sondern sie sind alle miteinander entstanden unter dem Wirken des Geistes Gottes, sie sind alle miteinander inspiriert, wie man dies mit einem Fachausdruck nennt. „Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem heiligen Geist haben Menschen  im Namen Gottes geredet.“ – So formuliert es der 2. Petrusbrief hier. Wenn ich also mit der Heiligen Schrift zu tun habe, wenn ich in ihr lese, wenn ich sie höre, dann begegne ich immer auch dem Geist Gottes, dem Heiligen Geist, der sich an eben dieses Wort der Heiligen Schrift gebunden hat. Und dieser Heilige Geist, der bleibt nicht untätig, wenn ich mich mit diesem Wort befasse, denn dieses geistgewirkte Wort ist ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen, wie es hier heißt. Das heißt auf Deutsch übersetzt: Wir Menschen haben von Natur aus keinen Draht zu Gott; wir können uns nicht selber erleuchten, uns nicht selber ein Licht aufgehen lassen, dass wir erkennen können, wer Gott ist und was er für uns will. Doch dieses Wort der Heiligen Schrift, das kann und will uns genau dieses Licht in unserem Leben aufgehen lassen, dass uns klar wird, was wir sonst nicht hätten erfassen können, dass wir glauben können, was uns sonst so weit weg erschien. Ja, das kann dieses Wort, weil es in diesem Wort um Christus geht, um das, was er für uns getan hat, um das, was von ihm bezeugt wird, und weil dieses Wort geistgewirkt ist und damit eine Kraft hat, die man ihm beim ersten Hinsehen gar nicht zutraut.
Wenn du dich also auf dieses Wort der Heiligen Schrift einlässt, wenn du es immer wieder hier im Gottesdienst hörst, wenn du dich darüber hinaus auch mit ihm beschäftigst, dann musst du damit rechnen, dass dich dieses Wort nicht unverändert lässt, ja, dass du am Ende von ihm einfach nicht mehr loskommst, weil du von ihm, Christus, nicht mehr loskommen willst, der in diesem Wort bezeugt wird, ja, der in diesem Wort selber zu dir spricht. Auch wenn man es diesem Buch nicht gleich ansieht: In Wirklichkeit steckt da noch viel mehr Power drin als in jeder Mikrowelle!
Ja, gut und wichtig ist es, dass du dich auf dieses Wort der Heiligen Schrift einlässt. Sie will dir ja nicht bloß eine Erleuchtung im Sinne eines Wellness-Erlebnisses vermitteln. Es geht doch darum, ob auch du am Ende deines Lebens einmal für immer Christus so wirst sehen dürfen, wie dies die Jünger damals auf dem Berg schon einmal für kurze Zeit durften. Es geht doch darum, dass dein Leben einmal einmündet in einen Lichtglanz und in eine Klarheit, von der du jetzt noch nicht einmal träumen kannst.
Ja, gut und wichtig ist es, dass du dich auf das Wort der Heiligen Schrift einlässt. Aber denke zugleich daran: So wenig wie irgendeine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist, so wenig kommst du damit weiter, wenn du meinst, die Heilige Schrift nur für dich alleine, losgelöst von der Gemeinschaft der Kirche, lesen zu können. Du brauchst diese Gemeinschaft der Kirche, die Gemeinschaft derer, die schon vor dir die Schrift gelesen haben; du brauchst ihre Erfahrungen, kannst und darfst dir von ihr helfen lassen, dich beim Lesen der Heiligen Schrift nicht zu verzetteln, sondern immer wieder beim Zentrum, bei Christus zu bleiben. Und du brauchst die Gemeinschaft der Kirche, damit du verstehen kannst, was das Wort Gottes eigentlich ist: eben nicht bloß eine mehr oder weniger interessante Information, sondern wirkmächtige Kraft Gottes, die Brot und Wein den Leib und das Blut Christi werden lässt, die die ganze Schuld deines Lebens von einer Sekunde auf die andere verschwinden lässt, die selbst steinharte Herzen aufzuweichen vermag. Ja, das Wort Gottes wirkt immer noch weiter und mehr, als was du im Augenblick gerade verstehst. Ja, es ist gut und wichtig, das wahrzunehmen, sich daran auch durch andere Menschen erinnern zu lassen. Viel lieber als die Lektüre einer Gebrauchsanweisung ist mir immer, wenn mir ein anderer Mensch direkt erklärt, was ich mit diesem oder jenem merkwürdigen Apparat denn nun alles anstellen kann. Und so ist das auch mit der Heiligen Schrift und der Kirche: Da sind die Menschen, die mir es direkt erklären, worum es in der Bibel geht, die mir helfen, sie recht zu benutzen. Ja, gerade auch in dieser Gemeinschaft der Kirche ist Gottes Geist am Werk, der mich doch immer wieder auf das Wort der Heiligen Schrift zurückverweist, damit mir dadurch ein Licht, ja, das Licht aufgeht und ich ihn, meinen Herrn Jesus Christus, immer klarer erkenne und diese eine Stimme immer deutlicher vernehme: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Den, ja den sollt ihr hören! Amen.