22.03.2008 | 2. Timotheus 2, 8a (Heilige Osternacht)

HEILIGE OSTERNACHT – 22. MÄRZ 2008 – PREDIGT ÜBER 2. TIMOTHEUS 2,8a

Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten.

„Kannste vergessen!“ – Das ist einer der besten und wichtigsten Ratschläge fürs Leben überhaupt. „Kannste vergessen!“ – Das ist die sinnvollste Umgangsweise für das allermeiste, womit wir Tag für Tag in unserem Leben konfrontiert werden. „Kannste vergessen!“ – Das gilt für 99% dessen, was einem Tag für Tag an Fernsehprogrammen ins Haus geliefert wird. Bloß mit diesem Schwachsinn nicht auch noch irgendwelchen Speicherplatz im Gehirn blockieren! „Kannste vergessen!“ – Das gilt für das, was uns alle möglichen Klatsch- und Boulevardblätter Tag für Tag unter die Nase reiben. „Kannste vergessen!“ – Das gilt für so viele Versprechen, die irgendwelche Werbeverkäufer uns machen, um uns für ihre Produkte zu gewinnen, bis hin zu so manchem Wahlversprechen, das Politiker vor der Wahl abgeben. „Kannste vergessen!“ – Das gilt für so vieles, worüber wir uns jetzt im Augenblick aufregen mögen und was sich in absehbarer Zeit dann doch von selbst erledigt. Ja, kannste alles vergessen!
Dann gibt es auch solche Dinge, bei denen schadet es nicht allzu sehr, wenn man für sie Speicherplatz im Gehirn reserviert; aber wenn man sie vergessen würde, wäre das für das weitere Leben auch kein ganz großer Verlust. Ich habe vor zwei Jahren mir mal meine Abiturklausuren zuschicken lassen und festgestellt, dass ich meine Abi-Klausur in Biologie über die Kräuselbewegungen der Zaunrübenranke geschrieben habe. Das muss ich damals offenbar gekonnt haben. Doch mittlerweile habe ich das alles wieder vergessen, ohne dass ich deswegen auf meinem weiteren Lebensweg größeren Schaden erlitten hätte. Ja, wenn ich sehe, wie so manche Jugendlichen in unserer Gemeinde noch bis abends um 11 oder 12 an ihren Hausaufgaben sitzen, frage ich mich manchmal schon: Wie viel von dem, was sie da machen, könnten sie eigentlich auch gleich wieder vergessen, ohne dass ihnen das für ihr weiteres Leben schaden würde.
Und dann gibt es Dinge, die sollte man auf jeden Fall behalten und nicht vergessen: Den Hochzeitstag beispielsweise oder den Namen der gerade aktuellen Freundin. Neulich habe ich einfach die PIN-Nummer meines Handys nicht mehr auf die Reihe gekriegt und bald darauf vergessen, wo ich die Liste mit den TAN-Nummern für mein Online-Banking hingelegt hatte. Ja, ich merke deutlich, wie der Kalk auch bei mir allmählich zu rieseln anfängt. Das ist zwar ärgerlich, aber das ist letztlich auch nicht so tragisch. Hauptsache, ich vergesse dies eine nicht, wovon der Apostel Paulus hier in seinem 2. Brief an Timotheus spricht: „Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten!“ Das ist das eine, was wir nicht vergessen sollen, was sich wirklich zu behalten lohnt.
Warum ist das so wichtig, dass du das eine im Gedächtnis behältst, dass Jesus Christus auferstanden ist von den Toten? Ganz einfach: Weil es dabei um das eigentliche Problem deines Lebens geht, dass dieses Leben, das du jetzt im Augenblick hast, nämlich irgendwann mal zu Ende geht und du von dir aus nichts, aber auch gar nichts dagegen unternehmen kannst. Du kannst dieses Ende verdrängen, du kannst versuchen, das Beste aus den paar Jährchen zu machen, die dir noch bleiben. Doch letztlich sind all deine Fluchtversuche vor diesem Ende vergeblich. Was du auch in deinem Gedächtnis speichern magst: Es hilft dir alles nichts bei diesem Kernproblem deines Lebens. Wenn du weißt, wer mit wem in welcher Soap gerade rummacht, dann mag dir das helfen, schneller zu verblöden, damit dich nachher auch das Ende deines Lebens nicht mehr so kratzt. Mehr bringt dir das aber nicht. Wenn du weißt, was eine binomische Formel ist oder wie man femina dekliniert, dann mag dir diese Allgemeinbildung in deinem Leben durchaus hier und da helfen; aber eine Formel zur Überwindung des Todes hast du damit noch nicht. Wenn du die PIN-Nummer für dein Handy und dein Bankkonto kennst, ist das eine praktische Sache; aber den Code, mit dem du die Mauer des Todes knacken könntest, hast du damit noch nicht. Nein, nur eines nützt dir angesichts dieses Kernproblems deines Lebens: Dass du den kennst, der stärker ist als der Tod, der die Macht des Todes gebrochen hat, der selber aus dem Grab wieder auferstanden ist in ein neues Leben.
Ja, wenn du dies eine weißt, dass Jesus Christus auferstanden ist von den Toten, wenn das für dich nicht bloß ein nettes Allgemeinwissen ist wie „333 – Issos Keilerei“, sondern wenn du weißt, dass du an dieser Auferstehung selber Anteil bekommen hast in deiner Heiligen Taufe, dann kannst du in der Tat alles andere vergessen. Hauptsache, du kennst ihn, Jesus Christus, deinen auferstandenen Herrn.
Denn dann weißt du: Was auch in meinem Leben geschehen mag: Ich bin in meinem Leben nie allein; er, mein Herr Jesus Christus, ist bei mir, begleitet mich, denn der ist eben nicht in seinem Grab vermodert, sondern der lebt und hat sich mit mir verbunden. Dann weißt du: Was mir in meinem Leben auch Angst einjagen mag: Nichts ist so stark wie mein Herr Jesus Christus, der sogar stärker ist als der Tod, ja vor dem einmal alle Menschen niederknien und ihn anbeten werden. Dann weißt du: Wenn mir auch in meinem Leben Krankheiten zu schaffen machen und das nach menschlichem Ermessen auch nicht mehr besser wird: Mein Herr Jesus Christus wird auch mich durch alles Leid und alle Krankheiten hindurch in sein neues Leben führen, in dem es all das nicht mehr geben wird, was mich jetzt noch so niederdrückt. Und dann weißt du schließlich auch dies eine: Ich brauche keine Angst mehr zu haben vor dem Tod; ich brauche keine Panik zu schieben, dass ich in diesem Leben nicht genug mitbekomme; ich brauche nicht mehr darüber zu spekulieren, ob da denn nach dem Tod noch was kommt oder nicht: Nein, mein Herr Jesus Christus hat sich in meiner Taufe doch schon mit mir verbunden, und darum werde auch ich einmal für immer mit ihm leben, habe ich es jetzt schon, dieses Leben, das auch dann nicht enden wird, wenn einmal die Kränze auf meinem Grab verwelkt sein werden.
„Halt im Gedächtnis Jesus Christus, der auferstanden ist von den Toten!“ – Das ist darum der wichtigste Ratschlag für dein Leben überhaupt. Doch wie geht das nun, wie kannst du ihn, Jesus Christus, am besten im Gedächtnis behalten? Ganz einfach: Indem du dich immer wieder mit ihm beschäftigst, indem du ihm immer wieder begegnest. So ist das ja auch sonst in unserem Alltag: Dinge, mit denen wir uns überhaupt nicht mehr beschäftigen, die vergessen wir früher oder später; aber wenn wir dauernd mit jemand zu tun haben, dann ist der uns natürlich auch immer präsent. Und so ist das mit Christus auch: Der will deinem Gedächtnis immer wieder neu auf die Sprünge helfen, indem er immer wieder zu dir kommt hier im Heiligen Mahl. Nein, das Heilige Abendmahl ist natürlich viel mehr als bloß ein Gedächtnistraining; da erinnern wir uns nicht bloß an Jesus, sondern da ist er selber gegenwärtig mit seinem Leib und Blut im Brot und Wein. Aber gerade so, indem wir ihn in uns aufnehmen, bringt er sich immer wieder neu bei uns ins Gedächtnis, sorgt dafür, dass wir ihn gar nicht vergessen können, sondern gerne zu ihm kommen. Mensch, du bekommst hier das Heilmittel gegen den ewigen Tod – ihn, Christus, selber in Person. Hier erfährst du es immer wieder: Jesus lebt; ich darf ganz konkret mit ihm rechnen in meinem Leben. Ja, da kannst du wirklich alles, wirklich alles andere in deinem Leben vergessen. Hauptsache, du weißt noch dies eine: Der Herr ist auferstanden; er ist wahrhaftig auferstanden! Halleluja! Amen.