22.04.2007 | St. Johannes 21, 15-19 (Misericordias Domini)

MISERICORDIAS DOMINI – 22. APRIL 2007 – PREDIGT ÜBER ST. JOHANNES 21,15-19

Als Jesus mit seinen Jüngern das Mahl gehalten hatten, spricht er zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieber, als mich diese haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebhabe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer! Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebhabe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe! Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, daß ich dich liebhabe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!
Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hin wolltest; wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hin willst. Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!

„Wir sind Papst!“ – So jubelte vor zwei Jahren die BILD-Zeitung, als mit Joseph Kardinal Ratzinger ein leibhaftiger Deutscher in das höchste Amt der römisch-katholischen Kirche gewählt wurde. „Wir sind Papst!“ – Die Überschrift war gleichermaßen beknackt und genial, allemal jedenfalls einprägsam. Nein, als Papst habe ich mich selber damals und heute nicht gefühlt, so sehr ich mich auch über die Wahl damals gefreut habe, und auch für die Vorstellung, dass sich mit dieser Wahl nun auch Otto Kawuttke und Lieschen Müller auf dem Stuhl des heiligen Petrus niedergelassen haben könnten, fehlt mir irgendwie die nötige Phantasie. Doch dass diese Wahl auch uns angeht und betrifft, auch wenn wir nun nicht selber Papst sind und es auch gar nicht sein wollen, das hat die Überschrift der BILD-Zeitung schon irgendwo sehr treffend auf den Punkt gebracht.
Und damit sind wir nun schon mitten drin in der Predigtlesung des heutigen Sonntags. Nein, ich vermag im Unterschied zur römisch-katholischen Kirche nicht zu erkennen, dass hier in diesen Worten aus dem Johannesevangelium so etwas wie ein Papstamt gestiftet wird, ein Amt, das über die Person des heiligen Petrus hinaus in der Kirche weitergeführt werden soll. Aber die Überschrift der BILD-Zeitung kann uns in gewisser Weise eben doch helfen, besser zu verstehen, worum es in unserer heutigen Predigtlesung geht: „Wir sind Papst!“ – Nein, diese Worte aus dem letzten Kapitel des Johannesevangeliums betreffen eben nicht bloß die Person des heiligen Petrus, sondern sie betreffen auch uns, sollen und dürfen auch wir uns in Petrus wiedererkennen, wahrnehmen, wie Christus auch mit uns umgehen will und umgeht.
Wie der auferstandene Christus mit einem Versager umgeht, davon handeln die Worte unserer heutigen Predigtlesung. Nein, das war wahrlich kein Heldenstück, das der Petrus da hingelegt hatte, als er im Hof des Palastes des Hohenpriesters gleich dreimal auf seine Zugehörigkeit zu diesem Jesus angesprochen worden war und jedes Mal hartnäckig geleugnet hatte, mit diesem Jesus jemals etwas zu tun gehabt zu haben. „Ich will mein Leben für dich lassen!“ – So hatte Petrus noch wenige Stunden zuvor es vollmundig seinem Herrn angekündigt, wie dies so seine Art war. Doch als es dann darauf ankam, blieb nichts, aber auch gar nichts von diesem edlen Vorsatz übrig. Petrus, der Felsenmann – er entpuppte sich als Weichei.
Nun wäre die ganze Angelegenheit für Petrus, so zynisch dies auch klingen mag, gar nicht so dramatisch ausgegangen, wenn es bei dem geblieben wäre, was Petrus damals in dieser Nacht und am folgenden Tag miterlebte: Dieser Jesus, von dem er nichts mehr wissen wollte, wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet. Schluss – aus – vorbei. Ob Petrus sich nun an diesem Abend noch zu ihm bekannt oder ihn verleugnet hatte, war aus dieser Perspektive eigentlich piepsegal. Geschadet hatte Petrus Jesus mit seiner Verleugnung ja nicht, und dass er selbst an diesem Abend so feige gewesen war, mochte ihn, wenn er ein etwas zarteres Gemüt hatte, vielleicht noch eine Weile bedrücken. Aber letztlich war das doch wirklich nicht so dramatisch, ja im Gegenteil war das eigentlich doch sogar ganz klug: Wer hätte schon was davon gehabt, wenn er, Petrus, nun auch noch verhaftet und getötet worden wäre? Da musste man sich doch anpassen, sonst wäre man doch selber dran gewesen! Und vor allem war es doch eh egal – jetzt, wo Jesus tot war.
Doch nun kommt es hier in unserer Predigtlesung zu einer unerwarteten Begegnung: Der, den Petrus zu kennen geleugnet hatte, steht nun mit einem Mal wieder vor ihm, und Petrus weiß genau: Er, Jesus, weiß, was da an diesem Abend abgelaufen ist. Und wie Jesus nun damals mit Petrus umgegangen ist, als er ihm als der Auferstandene gegenübertrat, das ist nun auch für uns selber von unmittelbarer Bedeutung. Denn auch uns begegnet er, der Auferstandene, immer wieder aufs Neue, er, der auch uns und unser Leben genau kennt, der genau weiß, was für Versager auch wir immer wieder sind, der genau weiß, wie auch wir ihn immer wieder mit unseren Taten, mit unseren Worten und Gedanken verleugnet haben. Was macht Jesus also mit Petrus, was macht er auch mit uns, die wir eben auch solche Petrusse sind?

- Er spricht Petrus an.
- Er gibt Petrus einen Auftrag.

I.

Schwestern und Brüder, wahrscheinlich können sich die meisten von uns doch ganz gut in die Situation des Petrus hier in unserer Predigtlesung hineinversetzen. Das haben wir vielleicht doch auch schon selber erlebt: Da sind wir an einem Menschen schuldig geworden, haben ihn enttäuscht, verletzt. Vielleicht ist das schon lange her gewesen, und wir haben den Menschen seitdem auch nicht mehr gesehen. Aber dann kommt es, möglicherweise auch ganz unerwartet, doch wieder zu einer Begegnung. Und gespannt achten wir darauf, wie der Andere wohl reagieren wird, wie er sich uns gegenüber wohl verhalten wird. Doch der spricht uns gar nicht an, lässt uns damit in der Luft hängen, weil wir einfach nicht einordnen können, ob er uns nun die ganze Geschichte noch nachträgt oder nicht. Ja, furchtbar kann eine solche Erfahrung sein, kann so lange das, was gewesen ist, nicht bereinigt werden, solange es unangesprochen irgendwo im Untergrund weiter vor sich hinbrodelt.
Ja, im Verhältnis zu anderen Menschen ist solch eine Erfahrung schon schlimm und belastend. Doch viel entsetzlicher wäre es noch, wenn Christus so mit Petrus, wenn er so auch mit uns umgehen würde: Die Sache ist ja eigentlich so klar: Er, Christus, ist für uns in den Tod gegangen – und wir? Wir haben ihn mit unserem Verhalten immer wieder so sehr enttäuscht und verletzt. Statt uns vor anderen Menschen zu ihm zu bekennen, sind wir feige gewesen, haben uns geschämt, uns als seine Jünger zu outen. Statt so zu leben, dass wir mit unserem Verhalten für ihn Werbung machen, haben wir genau das Gegenteil von dem gemacht, was er von uns erwarten konnte: Angeblich keine Zeit hatten wir für ihn und sein Wort, angeblich waren wir doch im Recht, als wir anderen Menschen Gleiches mit Gleichem vergolten haben, lieblos mit ihnen umgegangen sind, angeblich können wir doch nicht anders, als unseren Trieben, Wünschen und Bedürfnissen zu folgen, uns in Abhängigkeiten zu begeben, von denen wir doch eigentlich genau wissen, dass sie dem Willen unseres Herrn widersprechen. Ja, wir wissen: Christus weiß das alles ganz genau, der weiß alle Dinge, der kennt auch die geheimsten Schweinereien, die ich vor anderen Menschen und erst recht vor dem Pastor gut zu verbergen und zu vertuschen vermag. Und dann stellt euch mal vor: Er, Christus, tritt vor euch hin und sagt kein Wort, lässt euch nicht wissen, wie er nun zu euch steht. Euer Gewissen sagt es euch vielleicht noch: Dem können wir gar nicht mehr in die Augen blicken, haben nicht das Recht dazu, noch einmal um einen Neuanfang zu bitten, weil wir ihn doch so sehr enttäuscht haben. Oder vielleicht sind wir sogar so wahnsinnig, einen auf cool zu machen, es nach außen hin zu behaupten und es uns vielleicht sogar selber einzureden: Eigentlich bin ich doch ganz okay, eigentlich habe ich mir doch nichts vorzuwerfen. Eigentlich muss Christus mit mir doch immer noch ganz zufrieden sein, wenn er mich mal mit anderen Menschen vergleicht. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen; es gibt nichts, wofür ich mich entschuldigen müsste!“ – Ja, erschreckend ist das, wenn Menschen am Ende ihres Lebens so ihr eigenes Leben im Rückblick beurteilen zu können meinen!
Doch Jesus schweigt in Wirklichkeit nicht; er lässt den Petrus und auch uns nicht einfach in der Luft zappeln, sondern er spricht an, was da in der Vergangenheit gewesen ist, auch wenn das dem Petrus, auch wenn das uns wehtut. Nein, Jesus macht den Petrus hier nicht vor der versammelten Jüngerrunde zur Sau. Was nur Petrus und er wissen, das hängt er nicht an die große Glocke. Kein Wort sagt Jesus hier von dem schäbigen Verhalten des Petrus, kein Wort des Vorwurfs kommt über seine Lippen. Und doch spricht er an, was gewesen ist, ganz liebevoll und doch so deutlich, dass der Petrus sehr schnell kapiert, worum es Jesus geht: Der dreimaligen Verleugnung entspricht hier nun die dreimalige Frage Jesu, ob er, Petrus, ihn, Jesus, lieb habe. Kein Wunder, dass Petrus da traurig wird: Diese dreimalige Frage Jesu, sie trifft ihn ins Herz.
Liebe Schwester, lieber Bruder: Hast du dir das schon einmal so richtig klargemacht, dass es genau diese Frage ist, die Christus, dein Herr, auch an dich immer wieder in deinem Leben richtet? Hast du dir schon mal klargemacht, dass das die entscheidende Frage deines Lebens überhaupt ist? „Hast du mich lieb?“ – So fragt Christus auch dich immer wieder. „Hast du mich lieb?“ – So fragt er dich, wenn du dir überlegst, wie du wohl den nächsten Sonntagvormittag gestalten willst. „Hast du mich lieb?“ – So fragt Christus dich, wenn es in deinem Leben wieder einmal darum geht, ob du deinen Wünschen oder seinen Geboten folgen sollst. „Hast du mich lieb?“ – So flüstert es dir Christus ins Ohr, wenn wir es miterleben, wie in unserem Freundes- und Bekanntenkreis über den christlichen Glauben gespottet wird und wir am liebsten dabei doch unseren Mund halten würden. „Hast du mich lieb?“ – So fragt Christus dich, wenn es darum geht, was du von dem, was du hast, an ihn und seine Kirche abgeben sollst. „Hast du mich lieb?“ – So fragt Christus dich, wenn er sieht, wie du dich wieder einmal in deinem Verhalten an dem orientierst, was die anderen auch alle machen. Und „hast du mich lieb?“ – So fragt Christus dich schließlich auch in jeder Beichtandacht, wenn du wieder einmal mit all dem ankommst, womit du in seinen Augen nicht bestehen kannst.
„Hast du mich lieb?“ – Nein, das ist ja keine raffinierte Moralkeule, mit der Christus dich innerlich unter Druck setzen will. Im Gegenteil: Er meint diese Frage ganz ehrlich. Er wirbt um dich, er wirbt um deine Liebe, so wie ein verliebter junger Mann seine Freundin immer wieder fragt und auf nichts sehnlicher wartet als auf diese Antwort: Ja, ich liebe dich. Christus ist das nicht egal, wie du zu ihm stehst, er will dich gerade nicht fallen lassen, wenn du ihn enttäuscht hast. Darum spricht er dich immer wieder an, hier im Gottesdienst, darum gibt er dich nicht auf, freut sich von Herzen darüber, wenn er es wieder neu von dir zu hören bekommt: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe! Das weißt du doch, auch wenn mein Verhalten manchmal ganz anders ausgesehen hat und aussieht. Ja, ich habe dich lieb, und das sage ich nicht einfach so daher, das meine ich auch so, und das will ich dir auch weiter zeigen!

II.

Und dann macht Christus hier etwas zutiefst Unvernünftiges: Er vertraut ihm, dem Versager, dem Feigling ein wichtiges Amt an, ja mehr noch: Er vertraut ihm seine Schafe an, all diejenigen, die zu ihm, dem guten Hirten Jesus Christus gehören.
Wie kann Christus das bloß machen? Der weiß doch, was für ein unsicherer Kantonist der Petrus ist, der weiß doch um den dunklen Fleck in seiner Vergangenheit, der weiß doch, dass der Petrus sich mit seinem Verhalten damals in der Nacht des Verrats ein für allemal moralisch disqualifiziert hat! Wie kann der bloß jemanden zum Hirten machen, der sich schon bei der ersten Gefahr gleich wegduckt!
Um eines gleich klarzustellen: Christus macht das nicht, weil ihn die dreimalige Liebeserklärung des Petrus so beeindruckt oder gerührt hätte, und er macht das auch nicht, weil er glaubt, Petrus hätte mit dieser dreimaligen Liebeserklärung seinen Verrat von damals wiedergutgemacht. Nein, wiedergutgemacht hat nicht Petrus etwas, sondern wiedergutgemacht hat allein Christus etwas, hat mit seinem Tod am Kreuz vor Gott wieder in Ordnung gebracht, was Petrus selber niemals hätte in Ordnung bringen können. Nein, Christus spricht hier gegenüber Petrus nicht förmlich die Absolution aus; aber in dem Auftrag, den er nun erteilt, ist diese Absolution mit enthalten: Die Vergangenheit des Petrus, sie interessiert Christus nun nicht mehr. Alles geht nun wieder von vorne los: Folge mir nach, Simon, Sohn des Johannes!
Und nicht anders verhält es sich nun bis heute bei denen, denen Christus wie dem Petrus damals das Hirtenamt für seine Herde anvertraut hat: Natürlich sind diejenigen, die Christus in dieses Amt ruft, dafür eigentlich überhaupt nicht geeignet. Natürlich muss man nur mal ein bisschen genauer hingucken, dann findet man sie, die schwarzen Flecken auf der Weste eines jeden, dem Christus den Hirtenstab in die Hand gedrückt hat. Natürlich kann man auf jeden Hirten mit dem Finger zeigen und mit Recht feststellen: Wie kann jemand, der in seinem Verhalten so unglaubwürdig ist, bloß das Hirtenamt in der Kirche wahrnehmen? Doch die Neuberufung des Petrus durch den auferstandenen Christus macht uns deutlich, was das eigentliche Kriterium für einen rechten Hirten der Gemeinde ist: Dass er selber aus der Vergebung lebt und weiß, dass er selber ganz und gar immer wieder auf diese Vergebung durch Christus angewiesen ist. Darin besteht der Dienst der Hirten, dass sie denen, die ihnen anvertraut sind, als Beispiel vorangehen, dass sie sie dorthin führen, wo sie Gottes Vergebung empfangen, dass sie ihrer Gemeinde zeigen, was es heißt, ohne diese Vergebung nicht leben zu können.
Nein, die Aufgabe der Hirten besteht nicht darin, um sich einen Fanclub zu scharen, diejenigen, die ihnen anvertraut sind, an ihre eigene Person, die Person des jeweiligen Hirten, zu binden. „Weide meine Schafe“, sagt Christus. Es bleiben seine Schafe, es werden nie die Schafe des Hirten, den Christus in diesen Dienst gerufen hat, und von daher ist es eigentlich auch nicht richtig, wenn wir als Pastoren mitunter von „unserer Gemeinde“ reden. Es ist nicht unsere Gemeinde; es bleibt die Gemeinde des auferstandenen Christus allein. Aber in dieser Gemeinde nehmen sie, die Hirten, dann schon einen besonderen Auftrag wahr. Wir sind nicht alle Papst, und wir sind auch nicht alle Hirten. Dafür setzt Christus bestimmte Leute schon besonders ein. Aber darin sind wir dann eben doch alle gleich, ob Hirte oder Gemeindeglied, dass wir alle auf Gottes Vergebung angewiesen sind und dass Christus uns alle gebrauchen kann, ganz gleich, was für einen Hintergrund, was für eine Biographie wir auch vorzuweisen haben. Christus hat den Petrus gebraucht – und er braucht auch dich, um mit dir seine Gemeinde zu bauen.
Keine besonderen Qualifikationen musst du dafür mitbringen, auch nicht die, dass du jung und dynamisch sein musst, um in seiner Gemeinde mitmachen zu können. Als Christus damals den Petrus von neuem berief, da war der Petrus sicher nicht mehr so ganz taufrisch, aber vergleichweise immer noch recht jung. Aber, so kündigt es ihm Christus an, die Zeit wird kommen, wenn du selber deinen Weg nicht mehr bestimmen kannst, wenn du dorthin geführt wirst, wo du eigentlich nicht hinwillst. Die Leser des Johannesevangeliums verstanden damals gleich, was Christus dem Petrus da angekündigt hatte. Sie wussten schon von dem Martyrium des heiligen Petrus in Rom, wussten davon, wie Petrus den Weg in der Nachfolge seines Herrn immer weiter gegangen war, bis hin zu seiner Kreuzigung. Ja, auch solch eine Gestalt kann der Hirtendienst annehmen, zu dem Christus damals den Petrus berufen hat und bis heute Menschen beruft.
„Wenn du aber alt wirst, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich führen“ – Wie solch ein Hirtendienst aussehen kann, das hat uns vor wenigen Jahren Papst Johannes Paul II. sehr eindrücklich deutlich gemacht, der sich selber in besonderer Weise in der Nachfolge des heiligen Petrus sah, der seine Schwachheit und Hinfälligkeit gerade nicht versteckte, sich nicht dem Jugendkult unserer Zeit anpasste, sondern der Öffentlichkeit zeigte, wie auch Krankheit, Leiden, Schwäche und Sterben ihre eigene Würde und ihren eigenen Sinn haben als Weg in der Nachfolge Christi. Ja, dieses Lebenszeugnis war eine Predigt, die wohl noch mehr Menschen erreicht hat als viele der Predigten, die er zuvor gehalten hatte. Und auch in diesem Sinn sollen und dürfen wir alle miteinander Papst sein, dürfen gerade auch da, wo wir älter werden, wo die Kräfte nachlassen, Zeugnis ablegen von unserem Herrn, dessen Kraft gerade in den Schwachen sich als mächtig erweisen will. Er, Christus, ist es, der uns immer wieder anspricht und unsere Verbindung zu ihm in Ordnung bringt; er ist es, der uns in seinen Dienst ruft und uns gebrauchen will trotz all unseres Versagens, und er ist es auch, der uns schließlich in der Gemeinschaft mit ihm führen will bis zum Ziel unseres Lebens, bis ins ewige Leben. Und dazu brauchen wir auch gar nicht Papst zu sein, brauchen wir erst recht nicht noch extra heiliggesprochen werden. Wir gehören doch schon zu ihm, wie auch Evelin, schon seit unserer Taufe. Amen.