03.09.2014 | 1. Samuel 17,38-51 | Mittwoch nach dem 11. Sonntag nach Trinitatis
Pfr. Dr. Gottfried Martens

Vor zwei Wochen fand die erste Runde des DFB-Pokals statt: Kleine Amateurmannschaften mussten oder durften gegen große Profi-Mannschaften antreten. Und immer wieder fiel dabei das Stichwort von David und Goliath. Ja, auch Leute, die sonst von der Heiligen Schrift nicht so viel Ahnung haben, kennen sie in aller Regel, die Geschichte von dem jungen David, der mit einer Steinschleuder den übermächtigen Riesen Goliath besiegte. Die Sympathien sind beim Hören dieser Geschichte natürlich sehr einseitig verteilt. Natürlich drücken alle dem kleinen David gegen den großen Goliath die Daumen – nicht nur, wenn wir die Geschichte aus der Bibel hören, sondern auch im übertragenen Sinne, wenn wir uns solche Fußballspiele anschauen. Ja, da freut man sich dann mit, wenn es mal wieder einer kleinen Mannschaft gelingt, einer großen Mannschaft ein Bein zu stellen und sie zu besiegen. Ja, wir freuen uns, eben weil das relativ selten geschieht, weil zumindest im Fußball in aller Regel doch der große Goliath den kleinen David plattmacht.

Unsere heutige Abendlesung stellt keine allgemeine Regel auf. Sie behauptet nicht: Wenn du nur auf Gott vertraust, dann kannst du alle deine Probleme mit einer kleinen Steinschleuder aus dem Wege räumen. Eine Geschichte wird uns vielmehr heute Abend erzählt, eine zunächst einmal einmalige Geschichte: Die Geschichte von einem Krieg zwischen den Philistern und den Israeliten. Die Philister greifen an, Israel baut eine Verteidigungslinie auf – doch dann macht der Goliath einen scheinbar ja erst mal ganz vernünftigen Vorschlag: Statt dass die beiden Heere nun gegeneinander Krieg führen, ist es besser, wenn nur zwei gegeneinander kämpfen und der Rest sich nicht gegenseitig die Köpfe einschlägt. Doch der Vorschlag ist natürlich zugleich vergiftet: Nur die Philister hatten einen Goliath, einen Klitschko in Großformat. Gegen den kam doch von den Israeliten keiner an. Und so kneift bei den Israeliten auch einer nach dem anderen – keiner will gegen Goliath antreten. Doch dann taucht schließlich der David auf, der eigentlich noch gar nicht im wehrfähigen Alter ist und seinen älteren Brüdern nur die Butterbrote von Zuhause vorbeibringt. Doch als der merkt, dass alle anderen bei den Israeliten die Hosen voll haben, bewirbt er sich für den Kampf mit Goliath. Gut, gewisse Kampferfahrungen mit Löwen und Bären brachte David von seiner Hirtentätigkeit mit. Aber entscheidend ist für ihn etwas Anderes: Dieser Goliath hat sich über Gott lustig gemacht; das kann doch nicht einfach so stehenbleiben. Da muss, da wird Gott doch das letzte Wort sprechen, wird ihm, David, in diesem Kampf beistehen.

Und so kommt es zum großen Showdown: der kleine David, der noch nicht einmal dazu in der Lage ist, eine Soldatenrüstung anzuziehen, weil die ihm zu groß und schwer war, tritt unbewaffnet nur mit einer Steinschleuder in der Hand dem starken Riesen Goliath gegenüber. Der lästert noch einmal kräftig ab über Gott. Doch David bringt umgekehrt sein Vertrauen darauf zum Ausdruck, dass Gott eben gerade nicht automatisch auf der Seite der Stärkeren ist, sondern im Gegenteil gerade denen beisteht, die nicht versuchen, aus eigener Kraft, durch Spieß und Schwert zu siegen. Der Rest ist bekannt. Der Kampf fällt sehr kurz und knapp aus und lässt Goliath am Ende einen Kopf kürzer daliegen. Dass dieser Schluss der Geschichte bei uns gerade in diesen Tagen noch einmal ganz andere Assoziationen hervorruft, müssen wir ehrlich eingestehen. Was uns hier geschildert wird, ist ja auch keine Aufforderung, es David an dieser Stelle nun zu allen möglichen Gelegenheiten nachzutun.

Im Gegenteil: Eine einmalige Geschichte ist das, wie gesagt. Aber es ist natürlich eine Geschichte, die auch eine Menge mit uns, mit unserem Leben, ja, mit der Kirche zu tun hat. Da erklärt David vor dem Kampf ganz klar und eindeutig, dass der HERR nicht durch Schwert oder Spieß hilft. Waffen und Gewalt sind nicht die Art und Weise, wie Gott Kämpfe führt und gewinnt. Ja, wie aktuell ist das, wenn man daran denkt, dass auch in diesen Tagen Tausende von Soldaten des Islamischen Staates behaupten, sie würden im Namen Gottes einen Krieg führen, bei dem sie vor keiner Grausamkeit zurückschrecken. Ja, wie aktuell ist das, wenn man daran denkt, mit was für einer Gewalt Menschen in vielen muslimischen Ländern davon abgehalten werden, sich dem christlichen Glauben zuzuwenden! Nein, das machen wir als Christen nicht, auch wenn sich leider in der Vergangenheit auch Christen nicht immer an diese Einsicht Davids gehalten haben. Wir verbreiten den christlichen Glauben nicht mit Krieg und Waffengewalt, nicht mithilfe von staatlicher Einflussnahme. Die Mittel, die wir als Kirche anwenden, sehen ähnlich lächerlich aus wie die Steinschleuder in Davids Hand: eine Bibel, etwas Wasser bei der Taufe, ein Stück Brot, ein Schluck Wein – damit sollen wir gegen all das ankommen, was den christlichen Glauben heutzutage bedroht und an den Rand zu stellen versucht? Das ist doch naiv, das kann doch gar nicht gut gehen!

Doch Gott weiß, wie er seine Kämpfe gewinnt. Er weiß: Mit Gewalt gewinnt man keine Herzen. Und um die Herzen der Menschen geht es ihm. Und die gewinnt er dadurch, dass er sie zielsicher mit seinem Wort trifft – nicht anders als der David den Goliath mit seinem Stein damals auch. Gott will die, die gegen ihn antreten, nicht vernichten, sondern für sich gewinnen. Aber eben damit fügt er all den Mächten, die seine Feinde bleiben, eine Niederlage nach der anderen zu.

David und Goliath: Diese Geschichte spielt eben heute immer wieder im Iran. Klein und scheinbar unbedeutend sind die Hauskirchen, in denen sich Christen dort im Land versammeln.  Und dennoch fühlt sich der Staat durch sie so sehr bedroht, dass er sie mit allen Mitteln zu bekämpfen versucht. Doch immer wieder verliert er den Kampf, auch und gerade dann, wenn es ihm gelingt, wieder eine neue Hauskirche aufzuspüren. Die Waffe des Evangeliums ist stärker als alle Drohungen staatlicher Gewalt. „Du kommst zu mir mit Schwert, Lanze und Spieß, ich aber komme zu dir im Namen des HERRN Zebaoth, den du verhöhnt hast.“

David und Goliath: Diese Geschichte spielt auch immer wieder neu hier in Berlin-Steglitz. Vergessen wir nie: Auch wir stehen hier in einem Kampf mit scheinbar übermächtigen Gegnern, die nicht aus Fleisch und Blut sind und die alles versuchen, um zu verhindern, dass Menschen den Weg zu Jesus Christus finden. Eigentlich ist es Wahnsinn, sich mit diesen Mächten anzulegen. Sie sind stärker als wir, keine Frage. Aber wir ziehen hier eben nicht unser Privatunternehmen auf, wir haben hier keinen religiösen Verein, sondern wir arbeiten hier im Namen des Herrn. Und wo dieser Name des Herrn, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes bei der Taufe über einem Menschen ausgerufen wird, da haut es den Teufel um, da erweist sich Jesus immer wieder neu als Sieger. Ja, ich gestehe, mir schlottern in diesem Kampf oftmals mehr die Knie als dem jungen David damals. Das ist hier kein Spiel, das ist bitterer Ernst. Und doch: Vergessen wir es nie, wen wir auf unserer Seite haben – ihn, den Herrn, der am Ostermorgen Tod und Teufel besiegt hat und der eben auch heute Abend wieder in unserer Mitte gegenwärtig ist.

Lassen wir uns also durch nichts und niemanden erschrecken, auch und erst recht nicht durch die Drohungen, die Menschen im Namen des Islam aussprechen! Wer am Ende siegen wird, steht jetzt schon fest: Nicht wir mit unserer Stärke, sondern er, Christus, allein – und durch ihn wir dann eben auch. Kommt, lasst uns das Siegesmahl halten! Amen.