09.06.2014 | Apostelgeschichte 2,22-23.32-33.36-39 | Pfingstmontag
Pfr. Dr. Gottfried Martens

Vor kurzem unterhielt ich mich mit einer Frau, die mir ganz begeistert davon berichtete, sie sei nun neulich mit dem Heiligen Geist getauft worden. Eigentlich war es schon viele Jahre her, seit sie durch das Wasser der Heiligen Taufe zum ewigen Leben wiedergeboren worden war. Doch das reichte ihr offenbar nicht: Erst jetzt habe sie so richtig gefühlt und gespürt, wie der Heilige Geist über sie gekommen sei, ja, jetzt sei sie nicht bloß mit Wasser, sondern wirklich mit dem Heiligen Geist getauft worden.

Ach, es ist immer wieder so schwer, solchen Menschen deutlich zu machen, dass sie sich nicht auf die Heilige Schrift berufen können, wenn sie den Heiligen Geist mit irgendwelchen schönen Gefühlen, mit Begeisterung und Gänsehaut verwechseln. Persönliche Glückserfahrungen bekommen bei ihnen dann solch eine Bedeutung, dass sie den Blick versperren für die ganz nüchterne Art und Weise, in der die Heilige Schrift selber von der Taufe und dem Heiligen Geist redet, beispielsweise hier in unserer heutigen Predigtlesung.

Da hält der Apostel Petrus zu Pfingsten seine erste öffentliche Predigt. Und worüber predigt er? Nicht über die schönen Gefühle, die wir als Christen haben, nicht davon, wie gut es uns geht, wenn wir glauben. Sondern er predigt über Christus, über ihn allein, über das, was er für uns getan hat: Er predigt über seinen Tod am Kreuz, über seine Auferstehung, über seine Erhöhung, darüber, dass er, Christus, nun der Herr der ganzen Welt ist, darüber, dass dieser Christus nun den Heiligen Geist ausgegossen hat. Und diese Predigt von Jesus Christus, die wirkt, die trifft die Zuhörer mitten ins Herz, lässt sie die Frage stellen: Was sollen wir tun? Und Petrus macht deutlich: Das ist gerade das Schöne am Glauben an Jesus Christus, dass wir gar nichts tun müssen, dass nicht wir unser Verhältnis zu Gott in Ordnung bringen müssen. Alles macht Gott für uns, alles schenkt Gott uns. Aber Petrus benennt nun in der Tat auch ganz klar den Ort, wo Gott uns beschenkt, benennt ganz konkret die Art und Weise, wie sie, die Hörer seiner Predigt, den Heiligen Geist bekommen können und bekommen werden: „Kehrt um und ein jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes.“ Den Heiligen Geist bekommt man nicht dadurch, dass eine Band einen mit fetziger Musik so lange aufputscht, bis einem die Glückshormone nur so durch den Körper schießen. Sondern den Heiligen Geist bekommt man dadurch, dass man sich ganz normal taufen lässt, mit Wasser taufen lässt. Ja, Wasser und der Heilige Geist, sie gehören zusammen in der Taufe, lassen sich nicht trennen. Feierlich und emotional muss es dabei nicht zugehen: Wichtig ist nur, dass das Wasser und das Wort Gottes, eingebunden in den Namen Jesu Christi, zusammenkommen. Ob die 3000 Leute, die sich da zu Pfingsten haben taufen lassen, irgendwelche besonderen Gefühle verspürt haben, darüber berichtet die Bibel nichts. Aber etwas Anderes betont Petrus hier: Wo Menschen sich taufen lassen, da erfüllt Gott seine Verheißung. Und die gilt nicht nur diesen ersten Täuflingen in Jerusalem, sondern „allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird.“

Vor uns steht heute eine ganze Reihe von Brüdern und Schwestern, die der Herr, unser Gott, herzugerufen hat. Ganz fern waren sie ursprünglich gewesen, hatten keine Ahnung von dem gehabt, den Petrus einst zu Pfingsten den Menschen verkündigt hatte. Aber dann hatte die Botschaft von Jesus Christus auch unsere Schwestern und Brüder erreicht – und diese Botschaft war all unseren Schwestern und Brüdern so sehr durchs Herz gegangen, dass sie alle miteinander nur noch einen Wunsch hatten: der Einladung des Petrus zu folgen und sich taufen zu lassen. Einige von euch haben das tatsächlich in aller Heimlichkeit schon im Iran selber gemacht, haben für den Empfang der Taufe schon in der Heimat ihr Leben riskiert. Andere sind auf andere Länder ausgewichen, nach Armenien oder nach Malaysia, um dort getauft zu werden. Und wieder andere von euch haben sich schließlich auf der Flucht taufen lassen – etwa in Griechenland oder in Dänemark. Ganz unterschiedlich waren die Umstände, unter denen ihr eure Taufe empfangen habt, ganz unterschiedlich mögen auch die Gefühle gewesen sein, die ihr bei eurer Taufe empfunden habt. Doch eines war bei euch allen gleich: Ihr seid mit Wasser getauft worden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und damit gilt auch für euch, was Petrus damals schon sagte: Euch sind in der Taufe all eure Sünden vergeben worden, euch ist in der Taufe der Heilige Geist geschenkt worden. Ja, ihr seid alle miteinander am Tag eurer Taufe mit dem Heiligen Geist getauft worden.

Und dieser Heilige Geist, der wirkt nun in der Tat in eurem Leben auch weiter, der hat euch auch hier in Deutschland gleich wieder nach einer Kirche suchen lassen, nach einem Ort, an dem ihr euren Glauben nun weiter vertiefen konntet. Und so seid ihr nun heute hierher gekommen, um noch einmal öffentlich Ja zu sagen zu dem, was euch in eurer Taufe geschenkt worden ist, seid hierher gekommen, um Christus zu versprechen, ihm auch weiter in eurem Leben treu zu bleiben, ihm auch weiter immer wieder zu begegnen und ihn zu empfangen an seinem Altar, in seinem Heiligen Mahl. Nein, der Heilige Geist ist eben nicht bloß ein einmaliges Gefühl am Anfang, sondern der hilft uns und trägt uns durch unser ganzes Leben hindurch. Und genau darum geht es nun auch heute bei eurer Konfirmation: Sie ist natürlich keine Ergänzung eurer Taufe. Ihr seid und bleibt getauft, ihr habt den Heiligen Geist auch schon in eurer Taufe empfangen. Aber ihr wisst es eben auch, dass ihr die Kraft des Heiligen Geistes auch in Zukunft immer wieder brauchen werdet, um bei Christus zu bleiben, um ihm treu zu bleiben. Merkwürdigerweise ist das in der Freiheit hier in Deutschland ja oft schwieriger als zu der Zeit, als ihr eure Taufe empfangen habt. Jetzt ist die Gefahr so groß, dass sich viele andere Dinge vor Christus schieben, dass auch ihr im Laufe der Zeit im Glauben allmählich wieder einschlaft. Und da ist es gut, wenn ihr heute in der Konfirmation noch einmal den Heiligen Geist durch die Auflegung der Hände geschenkt bekommt, zur Stärkung und Mehrung eures Glaubens. Ihr müsst ihn, wie gesagt, gar nicht fühlen, den Heiligen Geist. Er wirkt, auch wenn ihr es gar nicht merkt, wirkt so, dass ihr von ihm, Christus, gar nicht mehr loskommt, dass es euch immer lieber wird, sein Wort zu hören und seinen Leib und sein Blut zu empfangen. Nein, der Heilige Geist ist nicht bloß eine Idee, eine Gedankenkonstruktion, er ist der lebendige Herr, ja, mehr noch: der Herr, der lebendig macht, so haben wir es eben miteinander bekannt. Ohne ihn wärt ihr nun nicht hier, ohne ihn könntet ihr gleich euer Bekenntnis gar nicht sprechen. Aber in seiner Kraft könnt ihr’s, macht  ihr’s, werdet ihr auch weiter bei Christus bleiben.

Und das gilt eben nicht bloß für die, die heute die Heilige Konfirmation empfangen. Es gilt auch für all diejenigen, denen ich selber schon bei ihrer Taufe die Hand aufgelegt und sie gesegnet habe. Es gilt für euch alle, die ihr getauft seid. Ihr habt ihn empfangen, den Heiligen Geist. Lebt aus dieser Kraftquelle, lasst euch euren Glauben immer wieder neu stärken, dass euch immer klar bleibt, wer der Herr der Welt, wer auch die Nummer 1 in eurem Leben ist: Christus allein! Lasst euch darum niemals diese Sehnsucht nach Christus nehmen, die euch damals zur Taufe getrieben hat, ja, lassen wir uns durch unsere Schwestern und Brüder ermutigen, denen die Zugehörigkeit zu Christus so wichtig gewesen ist und bis heute geblieben ist, dass wir es gemeinsam unser Leben lang bekennen: Ich glaube, dass Jesus Christus mein Herr ist! Halleluja! Amen.