26.02.2012 | 2. Korinther 6,1-10 | Invokavit

Der englische Schriftsteller C.S. Lewis hat ein wunderbares Buch verfasst mit dem schönen Titel „Dienstanweisung für einen Unterteufel“. Darin schildert er mit viel Humor und zugleich sehr tiefgründig, wie in der Hölle ein erfahrener Oberteufel seinen jungen Neffen, einen Unterteufel, dazu anleitet, einen Christen von seinem Glauben abzubringen. Er schreibt ihm dazu Briefe, die alle möglichen guten Tipps für eine erfolgreiche Durchführung dieses Projekts enthalten. Natürlich schreibt C.S. Lewis dieses Buch in Wirklichkeit dazu, uns für eben diese Tricks zu sensibilisieren und uns eben damit vor ihnen zu bewahren. Denn so amüsant das Buch auch zu lesen ist: Der Hintergrund ist und bleibt natürlich ernst, denn es gibt sie ja tatsächlich: Diese Mächte des Bösen, die nur ein Ziel kennen: Uns aus der Gemeinschaft mit Christus herauszulösen.

Aus der Predigtlesung des heutigen Sonntags Invokavit könnte Oberteufel Screwtape gleich eine ganze Reihe von guten Ratschlägen für seinen Neffen Wormwood herausholen. Drei gute Tipps, wie man einen Christen von seinem Glauben abbringen kann, finden wir darin:
- Mach ihm klar, dass er sich immer noch später mit Christus beschäftigen kann!
- Lass ihn genau auf das Versagen von Gottes Bodenpersonal schauen!
- Mach ihm klar, dass ein Christ in seinem Leben niemals Probleme hat!

I.
Eigentlich können einem der Teufel und seine Mannschaft ja schon fast leid tun: Sie sind noch schlechter dran als Hertha BSC: Eine Niederlage kassieren sie nach der anderen, ja nun auch schon heute Morgen wieder, als die kleine Tabea ihrem Machtbereich entrissen und Kind Gottes geworden ist. Verloren hat der Teufel bei uns allen am Tag unserer Taufe, an dem Tag, an dem wir Gottes Gnade empfangen haben. Doch so einfach gibt der Teufel eben nicht auf, setzt nun alles daran, dass wir, wie es der Apostel Paulus hier formuliert, die Gnade Gottes vergeblich empfangen. Und da fängt er immer wieder mit einem ganz einfachen Trick an: Er macht uns klar, dass wir uns ja immer noch irgendwann später mit Christus, mit der Kirche, mit dem Glauben beschäftigen können. Jetzt im Augenblick, das müssen wir doch einsehen, haben wir so viel Anderes zu tun, da haben wir nun wirklich keine Zeit für ihn. Wir müssen so viel für die Schule tun, wir müssen natürlich auch die freie Zeit, die wir haben, genießen, ganz besonders natürlich die Nacht zum Sonntag. Und wenn wir dann erst mal in der Ausbildung sind, da haben wir natürlich erst recht keine Zeit. Und die Zeit, die wir hätten, die wollen wir dann doch lieber unserem Freund oder unserer Freundin widmen. Und wenn wir dann erst mal verheiratet sind und eine Familie haben – ja, dann ist es ja wohl erst recht klar, dass wir keine Zeit mehr haben für die Kirche, für Christus, da sind wir doch froh, wenn wir alles Andere erst mal erledigen, was zuerst dran ist. Und dann ist da ja auch noch der Beruf, der uns so beansprucht. Also – da muss der Herr Christus ja wohl Verständnis haben und noch etwas auf uns warten. Später, ja später werden wir uns dann natürlich mal Zeit für ihn nehmen. Und wenn wir dann erst mal Rentner sind – ach, diejenigen unter uns, die diesen Zustand schon erreicht haben, wissen es ja genau: Man ist in seinem Leben niemals so sehr beschäftigt gewesen wie als Rentner; da ist der Terminplan nun erst recht so voll, dass man die Beschäftigung mit Christus doch noch einmal etwas nach hinten verschieben muss. Und irgendwann werden uns dann einmal die Beschäftigungen aus der Hand genommen. Aber dann, wenn wir Zeit hätten, haben wir dann in aller Regel keinen Zugang mehr zu dem, womit wir uns immer später mal beschäftigen wollen, wenn wir das zuvor im Leben kaum getan hatten.

Ja, der Trick ist einfach genial: Man muss die Leute einfach nur davon abhalten, jetzt, hier und heute der Einladung Christi zu folgen, jetzt, hier und heute seine Vergebung zu empfangen. Die gewöhnen sich dann schnell daran, das immer weiter aufzuschieben. Und dann gibt es dieses „Später“, auf das die Leute immer gewartet hatten, am Ende vielleicht gar nicht mehr für sie. Oder aber sie sind später einfach nicht mehr dazu in der Lage, sich noch ganz neu mit dem zu befassen, was sie ihr ganzes Leben lang aufgeschoben hatten. Ich erlebe das immer wieder in erschütternder Weise in Pflegeheimen, dass Menschen dann irgendwann nicht mehr dazu in der Lage sind, noch Neues aufzunehmen, noch Neues zu beginnen, wie ihnen dann jeglicher Zugang zu dem fehlt, was in ihrem Leben zuvor kaum eine Rolle gespielt hatte.

Der Apostel Paulus weiß um diese Gefahr, weiß darum, wie es der Teufel darauf angelegt hat, Menschen möglichst früh, möglichst schon als Jugendliche wieder vom Glauben abzubringen, indem er sie immer nur aufs Später verweist. Und eben darum ruft er den Christen in Korinth, ruft er es auch uns zu: Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des Heils. Nein, nicht nächste Woche, nicht nächstes Jahr, nicht beim Eintritt in den Vorruhestand, sondern jetzt, jedes Mal von Neuem, wenn er, Christus, Menschen einlädt zu sich, zu seinem großen Fest, an seinen Altar, jetzt geht es um euer Heil, jetzt wird euch Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit geschenkt, jetzt geht es darum, dem Teufel immer wieder neu eine Niederlage nach der anderen zuzufügen. Später, später – ruft der Teufel. Jetzt, jetzt – ruft Christus. Ich hoffe, ihr wisst, welchem Ruf ihr folgt!

II.
Einen zweiten guten Trick hat der Teufel auf Lager: Man muss nur die Leute dahin bringen, dass sie auf das Versagen von Gottes Bodenpersonal schauen! Dann wird ihnen sehr schnell klar werden, was für ein Quatsch es ist, immer noch an Christus und dem Glauben an ihn festhalten zu wollen!

Der Trick funktioniert hervorragend, denn der Teufel findet natürlich reichlich Aufhänger, Pastoren, Priester, Bischöfe, die mit ihrem Leben, ihrem Verhalten anderen Anstoß bereiten, ihr Leben selber ganz anders führen, als sie es anderen verkündigen. Wir haben es in den vergangenen Jahren hier in unserem Land, aber auch in anderen Ländern voller Entsetzen mitverfolgen müssen, zu was für Untaten Menschen, die von Christus in seinen Dienst gerufen worden waren, fähig gewesen sind, was sie Kindern und Jugendlichen angetan haben, oft genug sogar unter Ausnutzung des Vertrauens in ihr Amt. Entsetzliches Leid haben sie damit im Leben der Betroffenen angerichtet, ja, haben in nicht wenigen Fällen bei diesen Menschen auch jegliches Vertrauen auf Gott, in dessen Dienst sie doch berufen waren, mit ihren Untaten zerstört. Und was sie getan haben, hat auch darüber hinaus Misstrauen gesät gegenüber allen anderen, die im Dienst der Kirche stehen, Misstrauen, das es dann auch schwer macht, dem noch zu glauben, was sie verkündigen. „Wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit unser Amt nicht verlästert werde“, schrieb der Apostel Paulus damals. Er wusste genau, wie begierig der Widersacher Gottes alle Anstöße, die er und seine Mitarbeiter mit ihrem Leben geben würden, aufgreifen würde, um Menschen im Vertrauen auf das Evangelium irre zu machen.

Schwestern und Brüder: Ich traue mich gewiss nicht, die Worte des Apostels Paulus auf mich zu beziehen und in Bezug auf meine Person zu wiederholen: „Wir geben in nichts irgendeinen Anstoß.“ Ich weiß sehr wohl, dass ich Menschen immer wieder Anstöße gebe mit dem, was ich sage und mache, was ich nicht sage und nicht mache, und dass diese Anstöße durchaus zumeist nicht durch das Evangelium selber bedingt sind. Und so kann ich euch nur bitten: Fallt nicht auf den Trick des Teufels herein, schaut nicht auf mich, auf meine Person, macht die Glaubwürdigkeit der Botschaft, die ich euch verkündige, nicht von meiner oft nicht sehr weitreichenden Glaubwürdigkeit abhängig! Was ich euch im Auftrag Gottes weiterzusagen habe, das gilt auch und selbst dann, wenn ich dem mit meinem Verhalten widerspreche und wenn ich es mit meiner eigenen Person, ohne es zu wollen, verdecke. Das heißt nicht, dass wir als Mitarbeiter Gottes uns nicht immer wieder neu bemühen sollten, Anstöße zu vermeiden. Paulus schreibt eben nicht: Wir können uns als Mitarbeiter Gottes verhalten, wie wir wollen, es kommt ja nur auf das Wort an, das wir verkündigen. Paulus will dem Teufel keine Gelegenheit bieten, seinen zweiten Trick bei uns anwenden zu können. Und doch können auch wir uns davor bewahren, indem wir uns klar machen: Was Gott uns zusagt, das bleibt bestehen, das dürfen wir auch aus dem Mund derer hören und aus der Hand derer empfangen, die uns persönlich so große Anstöße bereiten. Gott lässt sich auch durch das Versagen seines Bodenpersonals nicht daran hindern, uns selig zu machen.

III.
Und dann hat der Teufel schließlich noch einen dritten sehr guten Trick auf Lager: Er redet uns nur allzu gerne ein, ein Christ habe in seinem Leben keine Probleme. Wenn wir in unserem Leben Probleme hätten, dann sei das ein Beleg dafür, dass mit unserem Glauben etwas nicht stimme, ja, mehr noch, dann sei das ein Beleg dafür, dass sich das mit dem Glauben doch gar nicht lohnt, dass wir uns das alles nur eingebildet haben, dass Gott unser Vater ist und sich um uns kümmert.

Der Trick ist nicht neu: Auch Paulus kannte ihn schon, ja, schlimmer noch: Er musste damals miterleben, wie diese so wenig christliche Botschaft mit frommem Mäntelchen verpackt in seiner geliebten Gemeinde in Korinth von Leuten verkündigt wurde, die sich selber als Apostel bezeichneten. Was für ein Wahnsinn, Leuten einzureden, Christen müssten sich immer gut fühlen, und wenn sie Schwierigkeiten hätten, läge das wohl daran, dass sie nicht fest genug glauben würden!

O nein, schreibt der Apostel, schaut auf mich selber: Ich bin nicht der strahlende Siegertyp, der von einem Erfolg zum nächsten eilt, ich fühle mich nicht immer gut. Ich habe im Gegenteil gerade um meines Glaubens und meiner Verkündigung willen jede Menge Schweres durchgemacht: Trübsale, Nöte, Ängste, Prügelstrafen, Gefängnisaufenthalte, Verfolgungen, schlaflose Nächte, Hunger, üble Gerüchte, die über mich verbreitet wurden, und manches mehr. Äußerlich betrachtet findet sich an meinem Leben als Christ nichts Attraktives, nichts, womit man andere werben könnte. Und doch habe ich gerade in all diesen Nöten und all der Traurigkeit und Todesangst, die ich durchgestanden habe, immer wieder den Beistand meines Herrn erfahren, seine Kraft, die mich getröstet hat, seine Bewahrung, die ich dann auch immer wieder erlebt habe. Ja, er, Christus, hat mir in all dem, was ich durchmachen musste, eine Freude geschenkt, die ganz sicher nicht aus mir selber stammt, die tiefer reicht als bloße Karnevalsfröhlichkeit. Christ zu sein heißt, so fasst es Paulus am Ende kurz zusammen, nichts zu haben und doch alles zu haben, nichts zu haben, was einem, äußerlich betrachtet, der Glaube bringt, und in Wirklichkeit doch alles zu haben, was wirklich wichtig ist, ein Leben, das stärker ist als der Tod, Vergebung, die alles Versagen bereinigt, Trost, der seine Kraft selbst noch in tiefster Trauer erweist.

Siehst du, du hast nichts, siehst du, es bringt nichts, an Christus zu glauben, so versucht es dir der Teufel einzureden. Schau her, du hast alles, du bist ein reicher Mensch, denn du hast mich, mein Leben, meine Gemeinschaft, so ruft es dir Christus zu. Fall darum nicht auf die Tricks des Teufels herein, sie sind nur allzu durchschaubar. Am Ende verliert er doch. Schließe dich darum nicht ihm und seiner Absteigertruppe an, sondern bleibe bei ihm, deinem Herrn, schaue auf seine Siegerkrone, die er gerade jetzt in dieser Fastenzeit wieder trägt. Da am Kreuz, da hat er ihn besiegt, ihn, den elenden Trickser, da hat er seine Macht gebrochen.

Das Buch, das C.S. Lewis geschrieben hat, geht für den Oberteufel und seinen Neffen tieftraurig aus: Der Christ, den sie von seinem Glauben abzubringen versuchten, stirbt schließlich im Glauben an Christus, seinen Herrn. Und damit haben die beiden endgültig verloren. Gott geb’s, dass auch über unseren Tod einmal in der Hölle tiefe Trauer herrschen wird! Amen.